04.02.2011

Wandernde Ladungsträger in organischen Polymeren

Fluoreszenz-Verfahren liefert genauere Einblicke in den Energietransport in leitfähigen Kunststoffen.

Fluoreszenz-Verfahren liefert genauere Einblicke in den Energietransport in leitfähigen Kunststoffen.

Elektron-Loch-Paare spielen sowohl in Solarzellen als auch Leuchtdioden aus organischen Polymeren die Hauptrolle. Kommt es zu Rekombination dieser Exzitonen, kann der Kunststoff Licht aussenden, getrennt sind sie die Ursache für photovoltaisch erzeugten Strom. Doch parallel sind auch thermische Relexationsprozesse möglich, die die potenzielle Lichtausbeute von organischen Leuchtdioden (OLED) reduzieren. Auf dem Weg zu effizienteren OLEDs analysierten nun texanische Wissenschaftler das Verhalten der Exzitonen in organischen Polymeren genauer und verwendeten dazu eine ausgefeilte Spektroskopie-Methode.

 

Abb.: Modell einer gefalteten Polymerkette. Der Energietransport eines Exzitons (blauer Kreis) ist abhängig von den Loch-Polaronen (weiße Kreise) (Bild: Joshua C. Bolinger et al., Science/AAAS) 

 

"Wir machten in einfachen Polymerketten das Auslöschen von Exzitonen induziert durch Loch-Polaronen sichtbar", berichten Joshua C. Bolinger und seine Kollegen von der University of Texas in Austin. Polaronen sind so genannte Quasiteilchen, die sich aus einer elektrischen Ladung und dem umgebenden Polarisationsfeld in einem Dielektrikum zusammensetzen. Für ihre Experimente betteten die Forscher veschiedene Proben aus leitfähigen Polymeren (Polyphenylvinylen MEH-PPV) in einen Kondensator-Stapel aus Plastik (PMMA) und Elektroden ein. Polaronen wurden über eine Ionisierung der Polymerketten mit an den Elektronden angelegten Spannungen induziert. Über winzige Lichtpulse, verursacht durch einen Fluoreszenzeffekt des Materials, ließ sich auf das Verhalten von Ladungsträgern im Polymer zurückschließen.

Mit dieser Methode ließ sich mit einer Auflösung von wenigen Nanometern das Auslöschen der Exzitonen durch induzierte Loch-Polaronen beobachten. Nahm man bisher an, dass Exzitonen dabei zumeist sehr kurze Strecken von weniger als einem Nanometer zurücklegeten, konnten die neuen Messungen diese Verschiebungen mit viel größeren Werten zwischen 9,8 bis 13,7 Nanometern genauer bestimmen. Verantwortlich für diese relativ weiten Sprünge der Ladungsträger machen die Bolinger und Kollegen eine Art "Energietrichter", der durch die induzierten Polaronen in der Polymerkette aufgebaut werden konnte.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine schnelle und relative weite Exzitonen-Wanderung in isolierten, einzelnen Polymerketten möglich ist. Doch in dickeren Polymerlagen und in Mischungen mit anderen Kunststoffen verlieren die Exzitonen diese Beweglichkeit. Unklar ist noch, ob dies ein generelles Problem von diesen Materialien ist oder ein spezifisches Phänomen von dem gewählten Polyphenylvinylen MEH-PPV. Dennoch zeigt sich Christopher Bardeen von der University of California in Riverside begeistert von diesen Versuchen. "Dieses Experiment von Bolinger et al. repäsentiert einen wichtigen Meilenstein in unserem Verständnis des Ladungstransports in isolierten, konjugierten Polymeren", schreibt er in einem begleitenden Kommentar.

Aufbauend auf diesen Daten könnten nun optimierte OLEDs oder Plastik-Solarzellen entwickelt werden, die höhere Effizienzen durch beweglichere Exzitonen erzielen könnten. Es liegt nahe, dass vor allem sehr dünne Schichten aus den funktionellen Polymeren dazu besser geeignet sein könnten als dickere.

Jan Oliver Löfken


Weitere Infos

Weiterführende Literatur:

  • P. E. Shaw, A. Ruseckas, I. D. W. Samuel, Adv. Mater. 20, 3516 (2008)
  • M. Yang, A. Damjanovic, H. M. Vaswani, G. R. Fleming, Biophys. J. 85, 140 (2003)
  • S. Athanasopoulos, E. V. Emielianova, A. B. Walker, D. Beljonne, Phys. Rev. B 80, 195209 (2009)

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