28.08.2006

Was ist ein Proton?

Eine Gruppe am Jefferson Lab in den USA hat kürzlich neue Experimente zur Untersuchung der Protonstruktur durchgeführt.

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Eine Gruppe am Jefferson Lab in den USA hat kürzlich neue Experimente zur Untersuchung der Protonstruktur durchgeführt. Dabei konzentrierten sich die Physiker auf die Frage nach der Existenz von Strange-Quarks im Proton. Das Ergebnis war überraschend und lässt die Diskussion darüber, was ein Proton wirklich ist, erneut aufflammen.

Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft seit der Entdeckung der Quarks. Im statischen Quarkmodell besteht ein Proton aus drei Quarks, zwei Up- (Ladung +2/3 e) und dem Down-Quark (Ladung –1/3 e).
Die Ladung dieser drei „Valenzquarks“ summiert sich dabei genau zur ganzzahligen positiven Ladung des Protons. Das Neutron besteht aus zwei Down- und einem Up-Quark, die zusammen neutral sind.

Doch so einfach ist es nicht, wie genaue Experimente schnell belegten. Es stellte sich heraus, dass man mit den drei Valenzquarks nur etwa ein Prozent der Protonmasse erklären konnte. Außerdem lässt sich das magnetische Moment des Protons mit diesen drei Quarks nicht verstehen. Ein großer Teil der Protonstruktur kommt nach der heutigen Theorie von See-Quarks und Gluonen. Letztere sind die Wechselwirkungsteilchen der starken Kernkraft, die Protonen und Neutronen zusammenhält. Die See-Quarks sind Quark-Paare, die kontinuierlich aus dem Vakuum erzeugt werden und sofort wieder annihilieren. Weitgehend akzeptiert war bislang, dass ein signifikanter Anteil dieser See-Quarks aus Strange-Quarks bestehen, die etwa 10 % zu Masse und Struktur der Protonen beitragen.

Zu einem überraschenden Ergebnis kamen jetzt aber Physiker der HAPPEX-Kollaboration am Jefferson Lab in den USA, als sie Protonen mit einem Hochstatistikexperiment untersuchten. Nach ihren Ergebnissen spielen die Strange-Quarks im Proton eine weit geringere Rolle als bisher angenommen.

In ihrem Experiment schossen sie einen polarisierten Elektronenstrahl auf ein Helium- und ein Wasserstofftarget. Die Energie der Elektronen von 3 GeV war so gewählt, dass sie genau zu der Wellenlänge korrespondiert, die dem Durchmesser des Protons von etwa einem Femtometer (10 –15 m) entspricht. Damit untersucht man nicht so sehr die innere Struktur des Protons, als vielmehr den Zustand des Protons zum Zeitpunkt der Wechselwirkung mit den polarisierten Elektronen. Information über das Innere des Protons erhält man trotzdem über die Wechselwirkung. Die polarisierten Elektronen des Strahls werden an Wasserstoff- beziehungsweise Heliumtargets gestreut, womit man die elektrischen, magnetischen und schwachen Anteile dieser Wechselwirkung untersuchen kann. Mit Hilfe von Formfaktoren, welche die Wechselwirkung beschreiben, kann man auf den Anteil des Strange-Quarks an den See-Quarks schließen.

Nach diesen Experimenten tragen die Strange-Quarks nur etwa 1 % zur Protonmasse und nur etwa 4 % zum magnetischen Moment bei – wesentlich weniger als bisher angenommen.

Mit Hilfe der einzigartigen Verwendung ihres polarisierten Elektronenstrahls kann HAPPEX nicht nur in außergewöhnlicher Art und Weise die See-Quarks sichtbar machen, sondern ist auch in der Lage, die relative Stärke der schwachen zur elektromagnetischen Wechselwirkung zu vermessen. Diese beträgt etwa 10 –7. Daraus kann man auf den durchschnittlichen Abstand der Quark-Antiquark-Paare schließen, die aus dem Vakuum kontinuierlich erzeugt werden. Er beträgt etwa 20 Attometer (10 –18 m) und liegt damit bei etwa einem Fünfzigstel des Protondurchmessers.

Die Ergebnisse von HAPPEX liefern der Diskussion um die Struktur des Protons neue Nahrung und definieren neue Randbedingungen, welche die theoretischen Berechnungen in Zukunft berücksichtigen müssen. Das ist ein entscheidender Schritt zum Verständnis des Protons.

Dr. Thomas Ziegler, Genf

Quelle: Physik in unserer Zeit 37 (5), 206 (2006).

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