22.09.2020 • Astrophysik

Wasser, gefangen im Sternenstaub

Beobachtungen zeigen: Staubpartikel im All sind mit Eis vermischt.

Das interstellare Medium enthält neben Gas auch jede Menge Staub. Auf den Staub­partikeln finden wichtige chemische Prozesse statt, aus denen komplexe organische – möglicher­weise sogar präbiotische – Moleküle hervor­gehen. Eine wichtige Voraus­setzung für diese Vorgänge ist die Existenz von Wasser. Dieses kommt in besonders kalter kosmischer Umgebung in Form von Wassereis vor. Doch bisher war nicht klar, in welcher Verbindung Eis und Staub in diesen Regionen des Alls stehen. Ein Forscher­team der Uni Jena und des MPI für Astronomie hat jetzt bewiesen, dass die Staub­partikel und das Eis mitein­ander vermischt sind.

Abb.: Wolken aus interstellarem Staub und Gas, hier in der...
Abb.: Wolken aus interstellarem Staub und Gas, hier in der Stern­entstehungs­region Cygnus-X. (Bild: ESA / M. Henne­mann & F. Motte, U. Paris Diderot)

„Bisher wusste man nicht, ob Eis und Staub unverbunden neben­ein­ander schweben, ob eine Eisschicht die Staub­partikel umhüllt oder ob beide mitein­ander vermischt sind“, erklärt Alexey Potapov von der Uni Jena. „Wir haben die Spektren von labor­produ­zierten Silikaten, Wassereis und ihre Mischungen mit astro­no­mischen Spektren von proto­stellaren Hüllen und proto­planetaren Scheiben verglichen. Dabei haben wir fest­ge­stellt, dass die Spektren nahezu deckungs­gleich sind, wenn Silikat­staub und Wassereis in diesen Umgebungen mitein­ander vermischt sind.“

Aus diesen Informationen ziehen die Astro­physiker wert­volle Infor­ma­tionen. „Wir müssen verschiedene physi­ka­lische Bedingungen in verschiedenen astro­no­mischen Umgebungen verstehen, um physikalisch-chemische Prozesse im All besser modellieren zu können“, sagt Potapov. Außerdem könnten sie so beispiels­weise die Menge des Materials besser abschätzen und genauere Aussagen zu den Temperaturen in verschiedenen Bereichen der inter­stellaren und zirkum­stellaren Media treffen.

Zudem konnten die Wissenschaftler durch Experimente und Vergleiche beobachten, was mit dem Wasser passiert, wenn die Temperaturen zunehmen und das Eis bei etwa 180 Kelvin in die Gasphase übergeht und den Festkörper, mit dem es verbunden ist, verlässt. „Einige Wasser­moleküle sind dabei so stark mit dem Silikat verbunden, dass sie auf der Ober­fläche oder im Inneren des Staub­partikels bleiben“, sagt Potapov. „Wir vermuten, dass es dieses gefangene Wasser auch an den Staub­partikeln im All gibt. Das zumindest legt der Vergleich zwischen den aus den Labor­versuchen hervor­gegangenen Spektren mit denen im diffusen inter­stellaren Medium des Weltalls nahe. Dabei erhielten wir deutliche Hinweise, dass dort eben jene gefangenen Wasser­moleküle existieren.“

Die Existenz von solchem Festkörper­wasser legt nahe, dass sich auch andere komplexe Moleküle auf den Staub­partikeln im diffusen inter­stellaren Medium befinden können. Wenn Wasser auf einem derartigen Teilchen vorhanden ist, dann ist beispiels­weise der Weg zu komplexen organischen Molekülen nicht sehr weit. Denn die Staub­partikel bestehen meist unter anderem aus Kohlen­stoff, der in Verbindung mit Wasser und unter Einfluss von Ultra­violett­strahlung, wie sie in der Umgebung herrscht, die Methanol­bildung begünstigt. Die organische Verbindung habe man bereits in diesen Bereichen des inter­stellaren Mediums beobachtet, so Potapov – bisher wusste man aller­dings nicht, woher sie stammt.

Die Präsenz des Festkörper­wassers kann zudem Fragen zu einem anderen Element beantworten: Man kennt zwar die Menge an Sauerstoff im inter­stellaren Medium, hatte bisher aller­dings keine Informa­tionen darüber, wo genau sich etwa ein Drittel davon befindet. Die neuen Forschungs­ergebnisse deuten darauf hin, dass das Festkörper­wasser in Silikaten ein verstecktes Sauerstoff-Reservoir ist.

Außerdem kann das gefangene Wasser dabei helfen, überhaupt zu verstehen, wie der Staub wächst, da es das Zusammen­kleben kleinerer Teilchen zu größeren Partikeln begünstigen könnte. Möglicher­weise wirkt dieser Effekt sogar bei der Planeten­bildung. „Sollte es gelingen nach­zu­weisen, dass gefangenes Wasser in Bausteinen der Erde existierte oder existieren konnte, dann ergeben sich eventuell sogar neue Antworten auf die Frage, wie Wasser auf die Erde gelangte“, sagt Potapov. Doch das sind bisher nur Vermutungen, denen die Forscher in Zukunft nach­gehen wollen.

FSU / RK

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