13.11.2008

Wasserrecycling für ISS-Astronauten

Das Timing ist perfekt. Punktgenau zum zehnjährigen Jubiläum der Internationalen Raumstation ISS steht jetzt eine großzügige Erweiterung der spektakulären Anlage an.



Washington (dpa) - Das Timing ist perfekt. Punktgenau zum zehnjährigen Jubiläum der Internationalen Raumstation ISS steht jetzt eine großzügige Erweiterung der spektakulären Anlage an. Statt der bisher drei Bewohner sollen demnächst sechs Astronauten ständig im All wohnen können. Die notwendigen Einrichtungen für die Verdoppelung der Kapazität soll die US-Raumfähre «Endeavour» zur ISS bringen, die an diesem Wochenende (Samstag 1.55 MEZ) mit sieben Astronauten an Bord vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral abhebt. Mit im Gepäck ist eine High-Tech-Einrichtung der besonderen Art: eine Recyclinganlage, die aus dem Urin der Astronauten Trinkwasser zaubern kann.

Es ist zehn Jahre her, als der «Grundstein» der ISS rund 350 Kilometer über der Erde gelegt wurde. Es war der 20. November 1998, als vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan eine russische Proton- Trägerrakete abhob, um das erste, 24 Tonnen schwere Bauteil der Station ins All zu bringen. «Am Himmel ist ein neuer Stern aufgegangen, der mit jedem Monat und Jahr heller wird», schwärmte die US-Weltraumbehörde NASA. In nur sechs Jahren, so der ehrgeizige Plan, sollte die Station voll ausgebaut werden - eine Illusion, wie sich erwies.

Gut ein Dutzend Nationen, neben den USA und Russland vor allem die Europäer, Japan und Kanada, sind mit von der Partie. Seit 2000 ist die Station, die mit ihren riesigen Sonnensegeln über 80 Meter Spannweite hat, ständig besetzt. Im Sommer 2006 war der Astronaut Thomas Reiter als erster Deutscher auf der ISS, Anfang 2008 kam das europäische Weltraumlabor «Columbus» hinzu. Doch von Anfang an gab es auch Kritik: Die Experimente in der Schwerelosigkeit, das Züchten von Proteinkristallen im All lohnten den Aufwand nicht. Die Kosten werden derzeit auf 100 Milliarden Dollar (knapp 80 Milliarden Euro) veranschlagt - und noch immer ist die Station nicht fertig.

Doch jetzt erlebt die ISS so etwas wie einen Quantensprung: «Wir verwandeln ein Appartement mit drei Schlafzimmern und einem Badezimmer in ein Fünf-Zimmer-Appartement mit zwei Toiletten», schwärmt «Endeavour»-Kapitän Chris Ferguson. Die Installation der neuen Einrichtung ist eines der Hauptaufgaben der zweiwöchigen Mission. Dazu gehören ein Kühlschrank und ein Heimtrainer - und die Urin-Recycling-Anlage.

Was zunächst etwas unappetitlich klingt, ist für die künftige Weltraumfahrt schlichtweg notwendig. «Bislang ist das allermeiste Trinkwasser für die ISS mit amerikanischen Shuttles oder den russischen Transportern geliefert worden», sagte NASA-Flugdirektor Michael Sarafin. Das ist ein Luxus, den man sich nicht mehr lange leisten kann. Denn vom Frühjahr 2010 an wird die NASA ihre reichlich betagten Shuttles einmotten - mindestens fünf Jahre lang kann die ISS dann ausschließlich durch russische Transportraketen versorgt werden. Dann könnte die Versorgung eng werden.

Die High-Tech-Anlage ist praktisch ein kleines Perpetuum mobile. Genutzt wird neben dem Urin vor allem auch das Kondenswasser der Atemluft. Die Raumstation könne sich so ohne fremde Hilfe mit Trinkwasser versorgen, meint Sarafin. Unerlässlich ist die Selbstversorgung auch für die geplanten Marsflüge und die permanente Mondstation.

Doch neben der Erweiterung und Neueinrichtung hat die «Endeavour»- Crew eine missliche Reparatur zu erledigen. Es geht um das Drehgelenk eines der riesigen Sonnensegel. Seit über einem Jahr ist das Gelenk defekt, bislang waren alle Reparaturversuche fehlgeschlagen. Jetzt meint die NASA die Lösung zu haben: Das Gelenk soll neu geschmiert werden. Wie schwierig das ist, zeigt allein die Tatsache, dass die NASA vier Außeneinsätze der Astronauten geplant hat. Wenn die Reparatur nicht klappen sollte, können die Solaranlagen nicht genügend Strom liefern. Dann wäre die geplante Aufstockung der ISS- Besatzung im Frühjahr gefährdet - und das würde die zehnjährigen Jubiläums-Feiern an Bord der Raumstation erheblich beeinträchtigen.

Peer Meinert


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