27.05.2022 • Energie

Wasserstoff in Biobatterie speichern

Reversibler Prozess läuft über die Bildung von Ameisensäure.

Der Kampf gegen den Klimawandel macht die Suche nach CO2-neutralen Energie­trägern immer dringlicher. Grüner Wasserstoff, der mit Hilfe von erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Solarenergie aus Wasser gewonnen wird, ist einer der Hoffnungsträger. Allerdings sind Transport und Speicherung des hoch­explosiven Gases schwierig und weltweit suchen Forscher nach chemischen und biologischen Lösungen. Ein Team von Mikro­biologen der Goethe-Universität haben in Bakterien, die unter Luftabschluss leben, ein Enzym gefunden, das Wasserstoff direkt an CO2 bindet und damit Ameisen­säure herstellt. Dieser Prozess ist vollkommen reversibel, eine Grund­voraussetzung für eine Wasserstoff­speicherung.

 

Abb.: Einsatzkonzept der neuen Biobatterie (Bild: U. Frankfurt)
Abb.: Einsatzkonzept der neuen Biobatterie (Bild: U. Frankfurt)

Diese acetogenen Bakterien, die zum Beispiel in der Tiefsee vorkommen, ernähren sich von Kohlendioxid, das sie mithilfe von Wasserstoff zu Ameisensäure verstoff­wechseln. Normalerweise ist diese Ameisensäure aber nur ein Zwischen­produkt ihres Stoffwechsels, das weiter zu Essig und Ethanol verdaut wird. Doch das Team um den Leiter der Abteilung Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik Volker Müller hat die Bakterien so angepasst, dass dieser Prozess nicht nur auf der Stufe der Ameisensäure gestoppt, sondern auch rückabgewickelt werden kann. Das Grundprinzip ist bereits seit 2013 patentiert.

„Die gemessenen Raten der CO2-Reduktion zu Ameisensäure und zurück sind die höchsten je gemessenen und sie sind um ein Vielfaches größer als bei anderen biologischen oder chemischen Katalysatoren; die Bakterien benötigen für die Reaktion auch nicht wie die chemischen Katalysatoren seltene Metalle und keine extremen Bedingungen wie hohe Temperaturen und hohe Drücke, sondern erledigen den Job bei dreißig Grad Celsius und Normaldruck“, berichtet Müller. Nun vermeldet die Gruppe einen neuen Erfolg, die Entwicklung einer Biobatterie zur Wasserstoff­speicherung mit Hilfe der genannten Bakterien.

Für eine kommunale oder häusliche Wasserstoffspeicherung ist ein System sinnvoll, bei dem die Bakterien in ein und demselben Bioreaktor zunächst Wasserstoff speichern und dann wieder freisetzen, möglichst stabil über einen langen Zeitraum. Fabian Schwarz, der im Labor von Professor Müller seine Doktorarbeit zu diesem Thema geschrieben hat, ist die Entwicklung eines solchen Bioreaktors gelungen. Er hat die Bakterien acht Stunden mit Wasser­stoff gefüttert und sie dann während einer 16-stündigen Nacht­phase auf eine Wasserstoff-Diät gesetzt. Die Bakterien haben den Wasserstoff daraufhin vollständig wieder freigesetzt. Die ungewollte Bildung von Essigsäure konnte durch gentechnische Verfahren eliminiert werden. „Das System lief für mindestens zwei Wochen ausgesprochen stabil“ erklärt Fabian Schwarz, der sich freut, dass diese Arbeiten zur Veröffentlichung in „Joule“, einem angesehenen Journal für chemische und physikalische Verfahrens­technik, angenommen wurde. „Dass Biologen in diesem hochkarätigen Journal publizieren, ist eher ungewöhnlich“, freut sich Schwarz.

Volker Müller hat sich schon in seiner Doktorarbeit mit den Eigenschaften dieser speziellen Bakterien befasst – und jahrelang Grundlagen­forschung dazu betrieben. „Ich habe mich dafür interessiert, wie diese ersten Organismen ihre Lebensvorgänge organisiert haben und wie sie es schaffen, unter Luftabschluss mit einfachen Gasen wie Wasserstoff und Kohlendioxid zu wachsen“, erklärt er. Durch den Klimawandel gewann seine Forschung eine neue, anwendungsorientierte Dimension. Die Biologie biete – für viele Ingenieure überraschend – durchaus praktikable Lösungen an.

U. Frankfurt / DE

 

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