05.02.2004

Wasserstoffbus fährt Linie

Sechs Wasserstoffbusse werden seit einigen Monaten in Hamburg und Stuttgart getestet - nun erstmals im harten Alltag.

Wasserstoffbus fährt Linie

Sechs Wasserstoffbusse fahren seit einigen Monaten durch Hamburg und Stuttgart. Nun muss sich die Technik erstmals im Alltag bewähren.

Hamburg (dpa) - Der saubere Stadtbus der Zukunft kommt leise daher. Nur eine weiße Dampffahne aus einem Rohr am Dach verrät, was er wirklich draufhat. Das ist wörtlich zu nehmen, denn oben auf diesem Hoffnungsträger des städtischen Nahverkehrs sitzt die teure Technik: Wasserstoff-Drucktank, Brennstoffzellen und Spezialelektronik. Der Bus wird umweltfreundlich von Wasserstoff angetrieben und ist weltweit einer der modernsten seiner Art.

Seit einigen Monaten fahren insgesamt sechs Exemplare davon durch Hamburg und Stuttgart. Bisher gab es aber nur einen von Experten sorgfältig überwachten Probebetrieb. Nun steht den Brennstoffzellen-Bussen in Hamburg eine harte Prüfung bevor. Auf der stark frequentierten Linie 6 zur Hafencity muss sich die teure Technik im Alltag bewähren. Bereits seit Jahren liebäugeln Ingenieure in Europa und den USA mit der Brennstoffzelle. Nun soll dieser Flottentest von Ende März an dem Wasserstoffantrieb im Nahverkehr zum Durchbruch verhelfen.

Einer der Struttgarter Brennstoffzellenbusse im Test. (Quelle: DaimlerChrysler)

Für Diplomingenieur Wolfgang Marahrens von der Hamburger Hochbahn kann es nicht schnell genug gehen. Die Busse sind so gut gefahren, dass er sie bereits zu Weihnachten 2003 im Liniendienst einsetzen wollte. «Es ist prima gelaufen, und wir werden mutiger», sagte Marahrens, der fest an eine Zukunft mit Wasserstoff-Bussen glaubt. «Hier ist eine Vision, ein richtiges Zukunftsprojekt - wir müssen jetzt forschen, damit wir die Alternative haben zu entscheiden, sonst ist die Wasserstofflösung in 10 bis 15 Jahren nicht griffbereit.»

Zusätzlich zum regulären Betrieb verkehren drei der Wasserstoffbusse bereits auf einer Linie im Norden der Hansestadt - im Rahmen des europaweiten Förderprogramms CUTE (Clean Urban Transport for Europe). Zehn Städte, unter anderem Stuttgart, London, Reykjavik und Barcelona, sammeln zurzeit Erfahrungen mit den Fahrzeugen. In Hamburg sind bisher etwa 12.000 Fahrgäste befördert worden. Rund 14 Prozent der Fahrten sind ausgefallen, aber nur zur Hälfte davon wegen technischer Probleme.

Als Energieträger bietet Wasserstoff viele Vorteile. Bei der Verbrennung entstehen keine schädlichen Abgase. Er kann aus Wasser erzeugt werden und ist damit nahezu unbegrenzt verfügbar. Für die Ökobilanz ist allerdings entscheidend, auf welche Weise er erzeugt wird. Auf diesen Punkt ist die Hamburger Hochbahn besonders stolz. Einzig die Busse in der Hansestadt werden mit Wasserstoff betankt, der ausschließlich aus regenerativen Quellen wie Sonnen- und Windenergie gewonnen wird. In Stuttgart wird der Wasserstoff aus Erdgas erzeugt.

Das Prinzip des Antriebs ist auch denkbar einfach. In der Brennstoffzelle auf dem Busdach wird aus dem Wasserstoff Strom gewonnen, der den 200 Kilowatt starken Elektromotor des Fahrzeugs beliefert. Die einzige Emission dabei ist Wasserdampf.

Die Bürgerresonanz auf den Wasserstoffbus ist in Hamburg bisher positiv. «Ich finde ihn ganz toll und bin extra ein paar Mal damit gefahren,» sagt Fahrgast Ingrid Scholl. «Ich habe den Zettel der Hochbahn in der ganzen Nachbarschaft verteilt, damit die Leute wissen, dass dieser Bus bei uns längs fährt.»

Dass ein Mercedes Citaro Brennstoffzellenbus 1,25 Millionen Euro kostet, sieht man ihm auf den ersten Blick nicht an. Am Gefährt fällt zunächst nur der hohe Dachaufbau auf. Unterwegs fährt der Bus fast ohne zu ruckeln und gibt sich so leise, dass man das Quietschen der Federung vernimmt. Für die Fahrgäste gibt es ein Faltblatt über das Projekt zu lesen, ein Monitor im Bus erklärt den Feldversuch.

«Es sind natürlich Forschungsbusse», sagt Stefan Scheeff vom Hersteller, der Daimler-Chrysler Tochter Evobus: «Es ist wie mit einem Kleinkind. Am Anfang braucht man einen hohen Betreuungsaufwand. Sinn und Zweck des Projekts ist es, Erfahrungen zu sammeln und diese auszuwerten.»

Für Angelika Heinzel vom Zentrum für Brennstoffzellen-Technik (ZBT) an der Universität Duisburg-Essen ist es wichtig, solche «Schubladenlösungen» zu haben. «Irgendwann mal werden wir sie brauchen, aber wie schnell, das wissen wir nicht.» Die fossilen Energiereserven der Erde, wie Öl und Erdgas, seien noch groß, aber keiner könne genau sagen, wie lange sie noch reichen.

Martin Bensley, dpa

Hintergrund: Die Brennstoffzelle - Universalkraftwerk der Zukunft

Die Brennstoffzelle erzeugt Strom, indem sie chemische Energie direkt in elektrische umwandelt. Vom Aufbau her ähnelt die Zelle mit ihren zwei Elektroden einer herkömmlichen Batterie. Im einfachsten Fall reagieren in ihr Wasserstoff (H 2) und Sauerstoff (O 2) zu Wasser (H 2O). Diese normalerweise explosionsartige Knallgasreaktion zerlegt die Brennstoffzelle mit einem Trick in Teilschritte.

Mehrere Brennstoffzellen können zusammengeschaltet werden, um die gewünschte elektrische Spannung etwa für Elektromotoren oder Lampen zu erzeugen. Darüber hinaus lässt sich auch die Abwärme der Brennstoffzelle nutzen. Insgesamt erreicht die Technik damit einen derzeit nahezu unschlagbaren Wirkungsgrad von bis zu 85 Prozent. Außerdem sind Brennstoffzellen leiser als konventionelle Generatoren und arbeiten praktisch ohne schädliche Abgase. Allerdings muss der Wasserstoff zunächst erzeugt werden, was noch aufwendig ist. Zudem können dabei auch Treibhausgase entstehen. Manche Verfahren setzen auf wasserstoffhaltige fossile Energieträger wie Benzin und Erdgas andere auf Wasser.

Heute gibt es mehrere verschiedene Typen von Brennstoffzellen, die bei unterschiedlichen Betriebstemperaturen arbeiten und jeweils Vorteile für spezielle Einsatzgebiete haben. Geforscht wird unter anderem an Einsatzmöglichkeiten in Autos und Laptops, aber auch zur dezentralen Energieversorgung in Häusern, Siedlungen oder Fabriken.

Die einzelnen Teilschritte in der Brennstoffzelle: Wasserstoffmoleküle werden an der einen Elektrode (Anode) in Elektronen und Wasserstoffionen zerlegt. Die Elektronen laden die Anode negativ auf. Die Ionen dagegen wandern beispielsweise durch eine Spezialmembran zur anderen Elektrode, der Kathode. Dort werden die Sauerstoffmoleküle durch die Aufnahme von Elektronen in Sauerstoffionen zerlegt, wobei sich die Kathode positiv auflädt. Es entsteht auf diese Weise eine elektrische Spannung zwischen den beiden Elektroden von etwa einem Volt. An der Kathode verbinden sich die Wasserstoff- und Sauerstoffionen zu Wasser, das kontinuierlich aus der Zelle abgeführt wird.

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