Weichgewebe kontrastreich röntgen
Kompakte Synchrotronquelle erlaubt Röntgen mit Phasenkontrast-, Dunkelfeld- und Absorptionsbildern.
Erkrankungen des Weichgewebes, beispielsweise Tumore, lassen sich mit normalen Röntgengeräten nur schwer erkennen. Im Röntgenlicht unterscheiden sich Tumor- und gesundes Gewebe kaum. Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben nun an einer kompakten Synchrotronquelle eine Technik entwickelt, die zusätzlich zur Absorption auch Phasenverschiebung und Streuung der Röntgenstrahlen misst. So werden Gewebe erkennbar, die in herkömmlichen Röntgengeräten kaum sichtbar sind.
Abb.: Beschleunigerstruktur der kompakten Synchrotronquelle (Bild: K. Achterhold, TUM)
Knochen beispielsweise absorbieren auf Grund ihres hohen Kalziumgehalts Röntgenstrahlen stark. So unterscheiden sie sich von Luft gefüllten Hohlräumen wie der Lunge und vom umliegenden Weichgewebe deutlich. Weichteile, Organe und Strukturen innerhalb von Organen wie Tumore, sind jedoch mit den heute in der Medizin eingesetzten Geräten kaum zu unterscheiden, da sie einen sehr ähnlichen Absorptionskoeffizienten besitzen.
Mit einer neuen Technologie ist es Wissenschaftlern um Franz Pfeiffer, Professor für Biomedizinische Physik am Physik-Department der TU München, nun erstmals gelungen, solche Weichgewebestrukturen sichtbar zu machen. Die Wissenschaftler nutzten dazu ein neue Art Röntgenquelle, die erst vor wenigen Jahren entwickelt wurde.
Im Gegensatz zu klassischen Röntgenröhren erzeugt ein Synchrotron gebündelte und monochromatische Röntgenwellen. Röntgenstrahlen mit solchen Eigenschaften konnten bislang nur an großen Teilchenbeschleunigern erzeugt werden mit einem Umfang von mindestens etwa einem Kilometer. Im Vergleich dazu ist die Kompakt-Synchrotronquelle nur etwa so groß wie ein Auto und passt in ein normales Labor.
Abb.: Röntgenaufnahme einer Maus: normales Röntgenbild (Absorption), Phasenkontrast- und Dunkelfeldaufnahme (v.l.n.r.; Bild: E. Eggl, TUM)
„Monochromatische Strahlung ist viel besser geeignet, um neben der Absorption noch andere Parameter messen zu können“, erklärt Elena Eggl, Doktorandin am Lehrstuhl für Biomedizinische Physik. „Dies liegt daran, dass sie nicht wie das breit gefächerte Spektrum normaler Röntgenröhren zu Artefakten führt, die die Bildqualität verschlechtern.“
In den fokussierten Röntgenstrahl brachten die Wissenschaftler optische Gitter ein und konnten so zusätzlich zur Absorption der Röntgenstrahlen auch kleinste Phasenverschiebungen und Streuungen der Strahlen an der Probe messen. Die erste Phasenkonstrast-Tomografie an einer kompakten Synchrotronquelle war gelungen.
Die mit der neuen Technik gewonnenen Phasenkontrast-, Dunkelfeld- und Absorptionsbilder ergänzen sich gegenseitig. Flüssigkeiten und Gewebe, die im Absorptionsbild klassischer Röntgenröhren nicht unterscheidbar und damit unsichtbar sind, kommen so plötzlich zum Vorschein. Der durch die neue Röntgentechnik stark verbesserte Weichteilkontrast könnte zudem helfen, Tumore früher zu erkennen oder eine schnelle Diagnose – beispielsweise in einem medizinischen Notfall – zu ermöglichen.
Wie trennscharf die neue Technik ist, zeigt sich beim Vergleich von weißem und braunem Fettgewebe. „In einer Maus konnten wir nicht nur Herz, Leber und andere Organe sehr viel besser erkennen, sondern sogar weißes von braunem Körperfett unterscheiden“, sagt Eggl.
Braunes Fettgewebe, das vor allem bei Neugeborenen auftritt, ist in der Lage, die Verbrennung von gewöhnlichem weißem Fettgewebe zu fördern. Erst seit wenigen Jahren ist bekannt, dass auch Erwachsene noch braunes Fettgewebe besitzen. Das – so die Hoffnung einiger Forscher – könnte reaktiviert werden und so Übergewichtigen beim Abnehmen helfen.
Während diese Experimente an einem ersten prototypischen Aufbau bei der Lyncean Technologies Inc. in Kalifornien entstanden sind, wird derzeit auf dem Forschungscampus Garching eine deutlich verbesserte Kompaktsynchrotronquelle aufgebaut. Sie ist Teil des neuen „Center for Advanced Laser Applications“ (CALA), einem Gemeinschaftsprojekt der TU München und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Hier wollen Eggl und Pfeiffer, in Zusammenarbeit mit Kollegen aus der Laserphysik der LMU und MPQ, die neue Röntgentechnik weiter verbessern.
TUM / DE