30.04.2018

Weit mehr als Grundlagenforschung

Europäische Teilchenbeschleuniger-Community veröffentlicht erstes Branchen-Kompendium für Anwendungen in Industrie, Medizin, Energie und Sicherheit.

Bereits Goethe ließ seinen Faust aussprechen, was bis heute die Mensch­heit – ins­beson­dere die Physik bewegt – nämlich das, was die Welt im Inner­sten zusammenhält. Zur Klä­rung dieser Frage wurden bereits Anfang des vorigen Jahr­hunderts Teilchen­beschleu­niger entwickelt, mit deren Hilfe man unter anderem die Struktur der Materie sowie die Ei­gen­­schaften der Ele­mentar­teilchen und deren Wechsel­wirkungen untersucht. Das wohl be­kann­­teste Beispiel ist die welt­größte Teilchen­be­schleuniger­einrich­tung, das CERN. Da­ne­ben existieren aber weitaus mehr Beschleu­niger­anlagen als man erahnt. Über 17.000 Anlagen, darunter über 7.000 in der Medizin, dienen den unter­schied­lichsten Anwen­dungen.

Abb.: Auf die Beschleunigung von Elektronen und die damit verbun­denen An­wen­dungen hat sich das Fraun­hofer FEP spezialisiert und seine Kompe­tenzen auf diesem Gebiet in das neue Branchen­kom­pen­dium einge­bracht. (Bild: Fraunhofer Fh.-FEP)

Eine Kernkompetenz des Fraunhofer FEP ist seit über 25 Jahren die versierte Ent­wick­lung von Elektronenstrahltechnologien und die Nutzung der beschleunigten Elektronen für ver­schie­denste An­wen­dungen in der Ober­flächen­bear­beitung und Ver­edelung. Angewandt in klassischen Bereichen wie der Metall­bear­beitung, Auto­mobil­indus­trie aber auch in auf den ersten Blick un­ge­wohn­ten Branchen wie der Saat­gut­be­handl­ung, und neuerdings auch der Medizin und Pharmazie, können nieder­ener­getische Elek­tronen großen Nutzen erzielen. Neben der Technologie­ent­wicklung hat sich das Fraun­hofer FEP bereits über die Jahr­zehnte einen Namen in der Konzep­tion und Bereit­stellung kompletter, kunden­spezifischer Elek­tronen­strahl­anlagen gemacht.

So lag es nahe, dass das Institut auch zur Mit­arbeit in der APAE-Arbeits­gruppe gebeten wurde. Bei der daraus entstan­denen APAE-Broschüre handelt es sich um das Ergebnis der gleichnamigen Arbeitsgruppe, welche industrielle und politische Ent­scheider über Stand und Potenzial der unter­schied­lich­sten Arten von Teilchen­beschleu­nigern, ihre Anwen­dungen sowie ihren Nutzen auf den Gebieten Gesund­heit, Industrie, Energie, Sicherheit und Analytik um­fassend infor­mieren soll. Sie erklärt sehr anschaulich den aktuellen Stand der Technik und das breit gefächerte Einsatz­spektrum von Teilchen­beschleu­nigern, das in der öffent­lichen Wahr­nehmung meist nur auf die Groß­forschungs­einrichtungen begrenzt ist.

Abb.: Cover des neuen Branchen­kom­pen­diums zur Viel­falt der An­wen­dungs­mög­lich­keiten mo­der­ner Teil­chen­be­schleu­niger. (Bild: APAE)

Weitest­gehend unbekannt sind dagegen die viel­fältigen etablierten indus­triellen Techno­logien, die zum Beispiel auf Elek­tronen­strahl­quellen basieren. Ein erfolg­reiches Beispiel ist hier der langjährige Einsatz von mobilen Saat­gut­behandlungs­anlagen, die vor Ort flexibel einsetzbar sind. Des Weiteren identifiziert sie zukünftige Ent­wick­lungs­schwer­punkte sowie den Förder- und Bildungs­bedarf in diesen Sektoren und stellt die Bedeu­tung der Teilchen­beschleu­niger für die Forschung und Industrie in Europa und ihre daraus resultierenden Auswirkungen auf aktuelle gesell­schaft­liche Heraus­forder­ungen heraus.

Experten aus Wissenschaft, Forschung und Industrie arbeiteten fach­über­greifend als Co-Autoren an der Bro­schüre mit. Frank-Holm Rögner, Leiter der Ab­teilung „EB-Prozesse“ am Fraun­hofer FEP, war dabei maß­geblich an der Ent­stehung des Unter­kapitels „Ac­cel­erators and Industry – Very Low-Energy E-Beams“ beteiligt.

„Es ist das erste Mal, dass das gesamte Branchen­spektrum der EU zusam­men­gear­beitet hat - von den Höchst­energie­beschleu­nigern der Grund­lagen­for­schung, bis zu den Nieder­energie­anwen­dungen in der indus­triellen Pro­duktion“, erklärt Frank-Holm Rögner. „So ist erst­mals ein umfassender Über­blick der euro­päischen Kompetenz auf dem Gebiet der Teilchen­beschleu­niger ent­standen. Das ist nicht selbst­verständlich, denn auch innerhalb der Community der Teilchen­beschleu­niger gibt es Nach­hol­bedarf in der Kommu­nikation zwischen den unter­schied­lichen Techno­logien und An­wen­dungen. Umso höher ist deshalb der Erfolg einzustufen, dass das Fraun­hofer FEP aktuell Partner in einem der größten Euro­päischen Netzwerk­projekte für Teilchen­beschleu­niger ARIES (Accele­rator Research and Inno­vation for Europe Science and Society) mit insgesamt 41 Partnern ist (Förder­kenn­zeichen 730871). Damit haben wir ent­scheidend dazu beigetragen, die indus­trielle Bedeutung der Nieder­energie-Elektronen­strahltechnik auch in der Euro­päischen Forschungs­landschaft richtungs­weisend zu verankern.“

Das erste ARIES Jahres­treffen wird vom 22. bis 25. Mai 2018 in Lett­lands Haupt­stadt an der Technischen Universität Riga statt­finden. Dabei werden sich die Partner zu Themen wie zum Beispiel aktuelle sowie zukünftige Konzepte und Elek­tronen­strahl­techno­logien sowie deren An­wen­dungen aus­tauschen.

Gleichzeitig wird auch am Fraunhofer FEP an der konti­nuier­lichen Weiter­ent­wicklung und Opti­mierung der Techno­logien für neue Anwen­dungen und an dafür pass­genauen Hardware­kompo­nenten und –kon­zepten gearbeitet. Schwer­punkt der Ent­wicklungs­akti­vi­täten des Fraun­hofer FEP ist die Ver­knüp­fung der um­welt­freund­lichen Aspekte der Tech­nologie mit einer energie­effi­zien­ten und wirt­schaft­lichen Gestal­tung der Prozess­ketten bei unseren Kunden.

Die Broschüre ist frei verfügbar und als PDF bei allen Partnern abrufbar.

Fh.-FEP / LK

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