Weltrekord für Glasfaser-Quantenleitung
Photonenverschränkung über 248 Kilometer Glasfaserleitung nachgewiesen.
Einmal mehr haben Wissenschaftler des Wiener Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) einen neuen Weltrekord bei der Quantenverschränkung aufgestellt: Erstmals ist es ihnen gelungen, verschränkte Photonen über 248 Kilometer verlegte Glasfaser zu schicken. Die bisherige Rekorddistanz über knapp 100 Kilometer aus dem Jahr 2019 wurde somit mehr als verdoppelt.
Ziel des jüngsten Experiments war die Erstellung eines ersten Knotens im Quapital-Netzwerk, einem Forschungsprojekt für ein zentraleuropäisches Quanteninternet. Quantennetzwerke versprechen absolut abhörsichere Kommunikation und leistungsstarke verteilte Sensornetzwerke für Forschung und Technologie – sie gelten als Kommunikationswege der Zukunft. Bahnbrechende Vorarbeiten hat in diesem Bereich auch Nobelpreisträger Anton Zeilinger geleistet.
Im Rahmen des Quapital-Projekts schickte ein Sendeapparat in Wien stabil über mehrere Tage Quantenzustände nach Sankt Pölten und Bratislava. Dort wurden sie gemessen und ihre quantenphysikalischen Eigenschaften nachgewiesen. Dabei wurde eine Quelle für verschränkte Photonenpaare im Keller des Physikinstituts der Universität Wien an zwei bereits verlegte Glasfasern angeschlossen. Die beiden je zirka 125 Kilometer langen Faserleitungen führten zu Empfangsstationen in der Nähe von Sankt Pölten sowie in der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Bratislava.
„Quantenverschränkung ermöglicht es, korrelierten Zufall zu erzeugen. Das ist, als ob zwei Münzen, die an verschiedenen Orten – in unserem Fall Sankt Pölten und Bratislava – geworfen werden, stets auf dieselbe Seite fallen“, erklärt Rupert Ursin, wissenschaftlicher Leiter des Projekts an der ÖAW. Dieser Effekt ist nicht nur aus physikalischer Sicht interessant, sondern habe ganz konkrete Anwendungen. Die auch kommerziell ausgereifteste davon ist die verschlüsselte Datenübertragung mithilfe von Quantentechnologie. Bei dieser Quantenkryptographie können die Photonen dazu verwendet werden, Nachrichten prinzipiell unknackbar zu verschlüsseln. Aber auch die Verknüpfung von zukünftigen Quantencomputern wird durch die Übertragung von Verschränkung ermöglicht.
Sebastian Neumann, Erstautor der Publikation und mit der Durchführung des Experiments betraut, schildert die größten Herausforderungen: „Im Unterschied zum ‚normalen‘ Internetsignal können Quantenzustände nicht auf dem Weg ausgelesen und verstärkt werden. Dadurch werden die Leitungsverluste zu einem Problem, weil nur etwa jedes hundertmillionste weggeschickte Photonenpaar auch tatsächlich an den Detektoren ankommt.“
Dementsprechend hoch müsse die Rate der in Wien erzeugten Photonen sein. „Dafür haben wir eine spezielle Photonenquelle konstruiert, über die wir sogar eigens publiziert haben“, sagt Neumann. Außerdem müsse das Signal gegen Temperaturschwankungen in der Faser unempfindlich gemacht werden, wofür ein eigenes Stabilisierungssystem ersonnen wurde. Dies ermöglicht einen ununterbrochenen Betrieb der Leitung, eine weitere wichtige Voraussetzung für ein zukünftiges Quanteninternet.
ÖAW / DE