16.08.2018

Weltschnellste 3D-Tomographien

Synchrotron-Experiment mit einer besonderen, schnellen Optik.

Die Qualität vieler Werkstoffe hängt vom Herstellungs­prozess ab. So spielt beim Gießen oder Schweißen eine Rolle, wie rasch die Schmelze erstarrt. Auch bei metallischen Schäumen kommt es darauf an, wie das Aufschäumen abläuft. Um diese Prozesse zu beobachten, sind besonders schnelle Unter­suchungen nötig. Die bisher schnellsten 3D-Tomo­graphien sind nun an der Röntgen­quelle BESSY II gelungen, die das Helm­holtz-Zentrum Berlin betreibt.

Abb.: Grau sind die Alu-Granulate dargestellt, bunt die Poren. Wie sich diese Poren mit der Zeit vergrößern, zeigt die Serie von 3D-Tomographien.(Bild: HZB)

Das Team um Francisco Garcia-Moreno hat einen Drehtisch konstruiert, der sich ultrastabil mit konstanter Rotations­geschwindigkeit um seine Achse dreht. Dabei kommt es wirklich auf höchste Präzision an: Jedes Taumeln um die Drehachse oder selbst minimale Abweichungen bei der Dreh­geschwin­digkeit würden die zuver­lässige Berechnung der 3D-Tomographie verhindern. Während kommer­ziell erhältliche Lösungen einige hundert­tausend Euro kosten und bis zu 20 Tomographien pro Sekunde ermög­lichen, konnten die Berliner Physiker eine deutlich günstigere Lösung entwickeln, die noch dazu schneller ist.

„Meine beiden Doktoranden an der Tech­nischen Univer­sität Berlin haben die Proben­halter selbst an der Dreh­maschine angefertigt“, sagt Garcia-Moreno, der knifflige tech­nische Lösungen nicht nur gern austüftelt, sondern auch selbst hand­werkliches Geschick besitzt. Weitere Teile wurden in der HZB-Werkstatt produziert. Außerdem hatten Garcia-Moreno und seine Kollegin Catalina Jimenez schon im Vorfeld dieser Arbeit eine Spezial-Optik für die schnelle CMOS-Kamera entwickelt, die sogar simultane Diffrak­tion erlaubt. Damit sind nun etwa 2.000 Projek­tionen pro Sekunde möglich, aus denen insgesamt 25 drei­dimensionale Tomo­graphien erstellt werden können.

Als erstes Beispiel untersuchte das Team Körnchen aus Aluminium­legierungen, die beim Erhitzen zu einem Metall­schaum werden. Dafür montierten sie eine leistungs­starke Infrarotlampe über dem Metall­granulat und erhitzten die Probe auf etwa 650 Grad Celsius. Alle vierzig Milli­sekunden entstand eine komplette 3D-Tomo­graphie mit einer Ortsauf­lösung von 2,5 Mikro­metern. Die insgesamt knapp 400 Tomo­graphien ermöglichen es nun den Prozess mit hoher Zeit­auflösung zu ana­lysieren. „Wir wollen besser verstehen und quantitativ ana­lysieren, wie sich Poren in den Körnern bilden, ob sie auch Oberflächen erreichen und inwieweit dieser Prozess in ver­schiedenen Körnern unter­schiedlich abläuft“ erklärt Garcia-Moreno.

Dies ist eine praxis­relevante Frage, die auch die Industrie interessiert. Denn Granulate aus Metall­verbindungen könnten beim Aufschäumen kompli­zierte Formen besser ausfüllen als Schäume, die aus einem Metallblock entstehen. Doch das Formteil wird nur dann belastbar sein, wenn sich beim Aufschäumen auch die Körner miteinander eng verbinden. Mit der an BESSY II entwickelten ultra­schnellen 3D-Tomo­graphie lässt sich dies genauso wie andere dynamische Prozesse nun sehr genau und zeitauf­gelöst beobachten. Da für das Upgrade von BESSY II zu BESSY VSR die EDDI-Beamline abgebaut werden muss, hat Garcia-Moreno Kontakt zu anderen Röntgen­quellen aufgenommen und plant, diese Methode dort aufzubauen.

HZB / JOL

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