Weniger Lärm im Straßenverkehr
Berechnungsmodell für verminderte Reifen-Fahrbahn-Geräusche.
Den Straßenverkehr nehmen Bürger laut Umweltbundesamt als größte Lärmquelle wahr. Zum Schutz der Bevölkerung regeln EU-Richtlinien die Grenzwerte für Lärmemissionen, die schrittweise weiter verschärft werden. Um die neuen Grenzwerte auch unter realen Verkehrsbedingungen einhalten zu können, erschließen Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie mit Partnern aus Industrie, Verwaltung und Wissenschaft im Projekt „Tyre Road Noise“ Maßnahmen, um Reifen-Fahrbahn-Geräusch-Emissionen zu mindern. Dafür entwickeln sie ein datenbasiertes Berechnungsmodell für das Vorbeifahrtgeräusch von Fahrzeugen mithilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz.
In Deutschland müssen sich neue Fahrzeugtypen vor der Zulassung einem Verfahren unterziehen, damit die gesetzlichen Grenzwerte der Geräuschemission nicht überschritten werden. „Für die Zulassung eines neuen Fahrzeugtyps wird der Geräuschpegel während der Vorbeifahrt an Mikrofonen auf einer speziell asphaltierten Fahrbahn gemessen und sollte dabei unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts liegen. Mit den Fahrsituationen auf realen Straßen ist die Testumgebung jedoch nur bedingt vergleichbar“, erläutert Michael König vom Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT, der TyRoN koordiniert.
Voraussetzung für die Entwicklung neuer Maßnahmen zum Einhalten der Grenzwerte auf normalen Straßen sind große Mengen an Messdaten zur Geräuschemission. „Das ist nur mit hohem Aufwand möglich: Es gibt eine Vielzahl an Kombinationen von Fahrzeug, Reifen, Fahrbahn und Umgebungsbedingungen, die im realen Verkehr auftreten können. Eine präzise Vorhersage der Geräuschemission würde die Anzahl der notwendigen Messungen stark verringern. Daher brauchen wir bessere Modelle als die bislang verfügbaren“, so König.
Das neuartige Berechnungsmodell soll die vielfältigen Einflussparameter der Fahrbahn, des Reifens, der Fahrweise und der Witterung berücksichtigen und daraus eine umfangreiche Datenbasis an unterschiedlichen Vorbeifahrtgeräuschen generieren. „Mithilfe der daraus entstehenden großen Datensammlung wollen wir Maßnahmen zur Lärmminderung ableiten“, sagt König. „Außerdem soll das Berechnungsmodell dabei helfen, die Umrechnung von Geräuschmessergebnissen auf den realen Verkehr zu verbessern. Dadurch könnten mit weniger Messaufwand mehr Betriebszustände untersucht und optimiert werden.“
Für die Entwicklung des Modells erfasst eine herstellerübergreifende Fahrzeugflotte mit neuartigen Messverfahren vom Fahrzeug aus das Vorbeifahrtgeräusch in unterschiedlichen Umgebungen. Eine Vielzahl weiterer Sensoren misst derweil Daten zu den Einflussparametern. Mit KI-Methoden wird daraus ein Modell zur Vorhersage des Vorbeifahrtgeräusches erstellt, mit dem die relevanten Einflussgrößen auf die Emission des Reifen-Fahrbahn-Geräusches ermittelt werden können. Die dazu notwendige Messtechnik wird zusammen mit den erforderlichen KI-Modellen im Projekt entwickelt und durch Messungen in kontrollierten Umgebungen validiert. Die Modelle und Messdaten wird das Forschungsteam zum Projektende qualitätsgesichert in einer allgemein zugänglichen Datenbank veröffentlichen.
KIT / RK