20.05.2020

Weniger Weiß

78 Prozent der weltweiten Berggebiete weisen weniger Schnee auf als vor zwanzig Jahren.

Obwohl Klimaveränderungen sehr viel langsamer vonstatten gehen als die Ausbreitung einer Epidemie, sind ihre Auswirkungen dennoch verheerend. Dies führen die Karten zur Schnee­bedeckung in Berggebieten weltweit, die die Physikerin Claudia Notarnicola von Eurac Research (Bozen) ausgearbeitet hat, eindrucksvoll vor Augen. Die Analyse von hochaufgelösten Satelliten­bildern von 2000 bis 2018, Boden­messungen und Simulations­modellen ergibt vor allem für das Hochgebirge ein besorgnis­erregendes Bild. Oberhalb von 4000 Metern ist für Parameter wie die Ausdehnung der Schneedecke und die Dauer der Schnee­bedeckung ein konstanter Rückgang zu verzeichnen, während die Luft­temperatur ansteigt. 
 

Abb.: Die Abbildung zeigt die Veränderungen der Schnee­decke (SCA) über die...
Abb.: Die Abbildung zeigt die Veränderungen der Schnee­decke (SCA) über die letzten zwanzig Jahre. Positive und negative Abweichungen sind in rot und blau dargestellt. (Bild: Eurac)

In einer Studie des Forschungszentrums Eurac Research werden die Daten zur globalen Schnee­bedeckung aus fast zwanzig Jahren analysiert und erstmals kartiert. „Nach einem schneearmen Winter hat der Frühling dieses Jahr sehr früh begonnen. Kommt so etwas häufiger vor, dann kumulieren sich die Auswirkungen mit den Jahren und werden deutlich sichtbar“, erklärt Claudia Notarnicola, stellvertretende Leiterin des Instituts für Erdbeobachtung von Eurac Research und verant­wortlich für die Studie.

Die Entwicklung in den Berggebieten hat in den vergangenen Jahren für viel Aufmerksamkeit gesorgt: Ab 1500 bis 2000 Metern ist die Temperatur nämlich doppelt so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt, und der Anstieg ist umso größer, je höher ein Gebiet liegt. Aus diesem Grund gelten Berggebiete als Frühwarn­system für den Klima­wandel. 

Anhand der globalen Kartierung der Schnee­bedeckung der vergangenen zwanzig Jahre können Forscher Ähnlich­keiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen erkennen und ein klares Bild von der Situation weltweit gewinnen. „Den Schneekarten können wir beispielsweise entnehmen, dass in 78 Prozent der beobachteten Gebiete weniger Schnee fällt“, erklärt Notarnicola „Zudem ist die Dauer der Schnee­bedeckung rückgängig, was vor allem auf die frühe Schnee­schmelze im Frühjahr zurückzuführen ist und weniger auf den Umstand, dass der erste Schnee später fällt. Wir haben außerdem festgestellt, dass sich oberhalb von 4000 Metern die meisten untersuchen Parameter verschlechtern: Die Temperaturen steigen, die Ausdehnung der Schneedecke nimmt ab, die Nieder­schläge werden weniger, der Schnee schmilzt früher.”

Einige Regionen der Welt leiden besonders unter den klimatischen Veränderungen: In Südamerika etwa zeigen zwanzig Parameter eine negative Entwicklung. In den Alpen ist die Situation gravierend, wobei die Ostalpen jedoch stärker von den klimatischen Veränderungen betroffen sind als die Westalpen. „Die Karte zeigt auch, dass die Schneebedeckung in manchen Gebieten zugenommen hat, etwa in Russland“, so Notarnicola. „Auf den ersten Blick scheint dies ein gutes Zeichen zu sein, in Wirklichkeit hängt dies jedoch mit den steigenden Temperaturen zusammen. Sie bleiben zwar unter dem Gefrierpunkt, sind jedoch um einige Grad angestiegen: In Kombination mit feuchter Luft begünstigt dies den Schnee­niederschlag.“ 

Eurac /DE
 

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