13.08.2020

Wenn das Vakuum nachhallt

Licht-Materie-gekoppelte Nanostrukturen zeigen blitzschnelle Reaktion auf verändertes Quantenvakuum.

Bereits die Philosophen der Antike diskutierten das faszinierende Konzept des absoluten Nichts, welches auch in die klassische Physik Einzug hielt. Die Quanten­mechanik und ihre Feld­theorien jedoch räumen mit der Vorstellung dieser perfekten Leere auf, indem sie Teilchen und Licht anhand von Feld­funktionen beschreiben, die stetigen Fluktuationen unterliegen. Diese Vakuum­fluktuationen bedingen eine stetige Erzeugung und anschließende Vernichtung von Quanten auf sehr kurzen Zeitskalen und füllen den Raum mit einem schäumenden, brodelnden Bad virtueller Teilchen. Deren fundamentale Bedeutung für das Universum erstreckt sich vom ganz Kleinen – minimaler Verschiebungen atomarer Linien­spektren – bis hin zum ganz Großen – dem Verdampfen schwarzer Löcher und der Struktur des Universums über Distanzen von Milliarden von Licht­jahren. Ungeachtet ihrer kritischen Rolle blieben Vakuum­fluktuationen bislang jedoch unter Labor­bedingungen nur schwer zugänglich. 

Abb.: Künstlerische Darstellung der Wellen­funktion des elektronischen...
Abb.: Künstlerische Darstellung der Wellen­funktion des elektronischen Systems (rot und gelb) bedeckt von einer Decke (blau) aus virtuellen Photonen des Licht­felds. (Bild: J. Mornhinweg)

Ein Forscherteam um die Regensburger Physiker Christoph Lange, Dominique Bougeard und Rupert Huber sowie Cristiano Ciuti von der Université de Paris hat nun einen entscheidenden Schritt zur Kontrolle dieser Quantenvakua gemacht. Hierfür stellten sie eine spezielle Halbleiter­struktur her, in welcher die Elektronen ungeahnt stark an das Lichtfeld von kleinen Antennen im Terahertz-Spektral­bereich koppeln. Der extrem starke Austausch von Energie zwischen Licht- und Materiefeldern führt dazu, dass Vakuum­fluktuationen des Licht­felds, also virtuelle Photonen, in der Struktur besonders dominant auftreten – selbst in kompletter Dunkelheit. 

„Der entscheidende Punkt ist, dass wir die Kopplung extrem schnell ausschalten“, erklärt Doktorandin Maike Halbhuber. Doktorand Joshua Mornhinweg ergänzt: „Besonders faszinierend sind außerdem die unerwarteten Nachschwingungen des Licht­felds beim Schalten.“ Das plötzliche Ausschalten der Licht­resonators entreißt den Elektronen die Decke aus virtuellen Photonen und enthüllt deren sonst unzugänglichen Quanten­zustand. Durch die ausführliche Analyse dieser Oszillationen des kollabierenden Quanten­vakuums konnte das Team bestätigen, dass das Ausschalten schneller als ein Zehntel eines Billionstels einer Sekunde abläuft – weit schneller als ein Zehntel der Oszillations­periode der virtuellen Photonen. 

Im nächsten Schritt beabsichtigt die Forschergruppe, die virtuellen Photonen, die gemäß der Theorie beim Ausschalten des exotischen Zustandes freiwerden, erstmalig direkt nachzuweisen. Damit sind die Möglichkeiten des Konzeptes aber noch nicht erschöpft, wie Lange erläutert: „Es ist denkbar, dass unsere Strukturen darüber hinaus vielfältige Möglichkeiten eröffnen, Kontrolle über neuartige Phänomene wie Quanten­chemie in Resonatoren oder durch Vakuumfelder kontrollierte Supraleitung sowie elektronischen Transport zu erlangen.“ Neben Aspekten der Grundlagen­forschung ermöglicht das Konzept der Regensburger und Pariser Forscher somit auch eine Reihe spannender Anwendungen. 

U. Regensburg / DE
 

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