Wenn Kräfte sich nicht einfach addieren
Vielteilchen-Effekt beeinflusst Verhalten in der Mikrowelt.
In der mikroskopischen Welt, in der moderne miniaturisierte Maschinen an den Grenzen neuer Technologien operieren, sind die Dinge relativ einfach – solange wir es mit zwei Teilchen zu tun haben. Wenn weitere Teilchen hinzukommen, wird die Situation jedoch komplizierter, als es der gesunde Menschenverstand nahelegen würde: Die insgesamt wirkende Kraft weicht von der Summe der Einzelkräfte ab.
Abb.: Durch Laserstrahlen eingeschlossene Kolloide. (Bild: Bilkent U.)
Betrachten wir ein Festkörperteilchen mit einer Größe von ein paar Tausendstel Millimeter, ein Kolloid, eingetaucht in Flüssigkeit. Direkt davor befinde sich ein ähnliches Teilchen. Wenn es kritische thermische Fluktuationen in der sie trennenden Flüssigkeit gibt, stoßen sie sich gegenseitig entweder ab oder ziehen sich an, ohne sich zu berühren – hierfür sind die Fluktuationen verantwortlich. Anders ausgedrückt entsteht eine kritische Casimir-
Was geschieht, wenn ein drittes Kolloid hinzukommt? „Etwas, das unserer Intuition widerspricht“, erklärt Andrea Gambassi vom Institut SISSA in Italien. „Die Gesamtkraft, die eines der Teilchen wahrnimmt, weicht von der Summe der Interaktionen mit den anderen beiden, wenn diese einzeln vorhanden sind, ab. Einfach ausgedrückt summieren sich die Kräfte nicht linear, so wie sie es in unserem Alltagsleben tun. Hier haben wir es mit einem Vielteilchen-
Eine neue Studie von Gambassi und Kollegen beschreibt diesen Effekt zum ersten Mal in einem System bestehend aus Siliciumdioxid-
Das Experiment startet mit Kolloiden, die in eine Mischung aus Wasser und Lutidin – einer öligen Flüssigkeit – eingetaucht werden. Unter 34 Grad Celsius ähnelt diese Mischung Wasser, doch wenn die Temperatur erhöht wird, setzt ein Übergang ein: Zuerst wird die Flüssigkeit aufgrund der Effekte kritischer Fluktuationen trüb. Danach beginnt sich das Öl abzutrennen und schwimmt auf dem Wasser. „Rund um diesen Phasenübergang beobachten wir die Vielteilchen-
Die in Flüssigkeiten eingetauchten Kolloide bewegen sich jedoch zufällig und breiten sich mit Brownscher Bewegung aus. Um die Kolloide räumlich einzuschließen, wurde die Flüssigkeit durch dünne, auf einen Punkt fokussierte Laserstrahlen beleuchtet. Als die Teilchen in den Strahl eindrangen, tendierten sie dazu, dort zu bleiben, wo das Licht am stärksten war. So funktionierte der Laser wie eine Art optische Pinzette. Durch die Verwendung zweier Laserstrahlen, um zwei Kolloide nahe beieinander zu halten, war es möglich, ihre zufälligen Bewegungen mit einer Mikroskop-
„Bei Betrachtung des Phasenübergangs beobachteten wir beim Vergleich des Experiments mit zwei und drei Kolloiden, dass es keine lineare Addition der Kräfte gab und dass Vielteilchen-
MPI-IS / RK