02.07.2024

Wenn schwarze Löcher kollidieren

Neue Einblicke in die Gravitationswechselwirkungen beantworten fundamentale Fragen der Physik.

Unter der Leitung von Jan Plefka vom Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin hat ein intern­ationales Team die Dynamik aufeinander­treffender schwarzer Löcher mit bisher unerreichter mathe­matischer Präzision beschrieben. Ihre neue Studie liefert viel versprechende Einblicke in die Gravitations­wechselwirkungen zwischen diesen Objekten in unserem Universum.

Abb.: Visualisierung einer Gravitationswellenform der Streuung zweier schwarzer...
Abb.: Visualisierung einer Gravitationswellenform der Streuung zweier schwarzer Löcher.
Quelle: J. Plefka

Wenn sich schwarze Löcher aufeinander zubewegen, werden Gravitations­wellen emittiert – ein Phänomen, das Albert Einstein bereits 1915 in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben hat und das an Gravitationswellendetektoren wie dem Laser Inter­ferometer Gravitational-Wave Observatory, kurz LIGO, in den USA auch schon beobachtet wurde. Das Team von Physikern der Humboldt-Universität, dem Max-Planck-Institut für Gravitations­physik in Potsdam und dem Cern hat nun die Streuung zweier schwarzer Löcher und die durch die Anziehungs­kraft zwischen beiden Massen entstehenden Wechselwirkungen hochpräzise berechnet. Dafür haben sie Methoden aus der Quantenfeld­theorie und der Teilchenphysik auf das klassische Zwei-Körper-Problem der Physik übertragen. Mit dieser Vorgehensweise, die modernste mathe­matische Integrations­techniken und Hochleistungs­rechner erforderte, konnten sie eine ganz neue Ebene der Präzision erreichen.

„Die Lösung dieses Problems markiert eine neue Grenze für Mehrschleifen-Berechnungen und effektive Feldtheorie-Techniken“, sagt Jan Plefka, Leiter der Arbeitsgruppe Quantenfeld- und Stringtheorie am Berliner Institut für Physik. „Wir mussten jeden Aspekt optimieren, von der Erzeugung des Integranden bis hin zur Entwicklung neuer Integrations­methoden“, ergänzt Benjamin Sauer, Doktorand in Plefkas Arbeitsgruppe. Insgesamt mussten etwa fünfhunderttausend 16-dimensionale Integrale, die den Streuwinkel beschreiben, auf 470 Master­integrale reduziert werden, die dann berechnet wurden.

Mit ihren Berechnungen haben die Physiker eine näherungsweise Lösung des funda­mentalen Zwei-Körper-Problems geliefert und zugleich die Grundlage für fortgeschrittene Gravitations­wellenmodelle gelegt, die für Detektoren der nächsten Generation benötigt werden – so wie für die Laser Interferometer Space Antenna, LISA, einen Gravitations­wellendetektor, den die Europäische Weltraum­organisation Esa im All aufbauen will. Die höhere Präzision wird extrem genaue Tests der Einstein‘schen Theorie und neue Einblicke in die Kern- und Gravitations­physik von Doppelsystemen rotierender schwarzer Löcher ermöglichen.

„Unsere Ergebnisse bringen die Vorhersage von Gravitationswellen, die von Begegnungen zweier schwarzen Löchern ausgehen, auf eine noch nie dagewesene Genauigkeit“, sagt Gustav Uhre Jakobsen. „Dies eröffnet brillante neue Möglich­keiten, um Aussagen zu fundamentalen Fragen der Physik aus künftigen Gravitationswellen­beobachtungen zu extrahieren.“

HUB / JOL

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