05.02.2016

Wenn sich Sterne näher kommen

Dynamische Unregelmäßigkeiten bei der Ent­wicklung von Doppel­sternen könnten Ent­stehung von Super­novae besser er­klären.

Mehr als die Hälfte aller Sterne besitzt einen Begleiter, der die Entwick­lung des jewei­ligen Sterns stark beein­flussen kann. Die Wechsel­wirkung in diesen Doppel­stern­systemen ist besonders stark, wenn beide durch eine Phase gehen, in der sie von einer gemein­samen Hülle aus Wasser­stoff und Helium umgeben sind. Da diese im Vergleich zur Entwick­lungs­zeit von Sternen sehr kurze Phase jedoch nur schlecht beobachtet und somit auch verstanden werden kann, kommen theore­tische Modelle mit auf­wändigen Computer­simula­tionen zum Ein­satz. Die Erfor­schung dieses Phänomens ist unter anderem für das Ver­ständnis von stellaren Ereig­nissen wie etwa Super­novae relevant.

Abb.: Die Bilder zeigen Schnitte durch das dreidimensionale Simulationsvolumen nach 105 Tagen in der gemeinsamen Hülle. In der orbitalen Ebene (oben) umkreisen der Begleitstern und der Riesenkern einander. Das Bild unten zeigt einen Schnitt senkrecht dazu. Der Maßstab beträgt hundert Sonnenradien. (Bild: S. Ohlmann, HITS)

Sebastian Ohlmann und seine Kollegen vom Heidel­berger Institut für theore­tische Studien erzielten jetzt mit Hilfe neuer Methoden einen Fort­schritt in der Model­lierung des Phänomens. Die Wissen­schaftler konnten durch Simula­tionen dynamische Unregel­mäßig­keiten ent­decken, die während der Phase der gemein­samen Hülle auf­treten und die für die weitere Ent­wicklung des Doppel­stern­systems wichtig sind. Die Instabi­li­täten verändern das Fließen der Materie innerhalb der Hülle, beein­flussen dadurch die Distanz der einzelnen Sterne zuein­ander und bestimmen somit zum Beispiel darüber, ob und welche Art Super­nova entsteht.

Sobald im schwereren der beiden Sterne der Wasser­stoff als Brenn­stoff für die Kern­fusion ver­braucht ist, schrumpft der Kern zusammen. Gleich­zeitig bildet sich eine stark ausge­dehnte Stern­hülle bestehend aus Wasser­stoff und Helium: Der Stern wird zu einem roten Riesen. Wenn sich die Hülle des roten Riesens immer stärker aus­dehnt, zieht der Begleit­stern durch seine Schwer­kraft die Stern­hülle zu sich, so dass ein Teil der Hülle zu ihm über­fließt. Im Laufe dieses Prozesses kommen sich beide Sterne näher. Schließ­lich kann der Begleiter in die Hülle des Riesen fallen und beide werden von einer gemein­samen Stern­hülle um­schlossen. Durch das Näher­kommen des Riesen­kerns und des Begleiters wird Energie aus der Schwer­kraft zwischen beiden freige­setzt, die in die gemein­same Hülle über­tragen wird. Die Hülle wird dadurch ausge­stoßen und vermischt sich mit der inter­stellaren Materie in der Galaxie. Zurück bleibt ein enges Doppel­stern­system aus dem Kern des Riesen und dem Begleit­stern.

Warum diese Phase der gemeinsamen Hülle wichtig für das Ver­ständnis der Ent­wicklung verschie­dener Stern­systeme ist, erklärt Ohlmann so: „Je nach Ausgangs­system der gemein­samen Hülle können sich in der weiteren Ent­wicklung sehr viel­fältige Phänomene ergeben, wie etwa thermo­nukleare Super­novae.“ Ohlmann und seine Kollegen unter­suchen die Vorge­schichte dieser Stern­explo­sionen, die zu den hellsten Ereig­nissen in unserem Universum zählen und eine ganze Galaxie über­strahlen können. Bei Model­lierungen von Systemen, die zu solchen Stern­explosionen führen können, besteht jedoch eine große Unsicher­heit in der Beschreibung der Phase einer gemein­samen Stern­hülle. Grund hierfür ist unter anderem, dass der Kern des Riesen tausend bis zehn­tausend­mal kleiner als die Hülle ist, so dass die räum­lichen und zeit­lichen Skalen­unter­schiede die Model­lierung erschweren und Näherungen erfordern. Die jetzt mit neu­artigen Methoden durch­ge­führten Simula­tionen der Heidel­berger Wissen­schaftler sind ein erster Schritt zu einem besseren Verständnis dieser Phase.

HITS / RK

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