08.09.2016

Wie Batterien und Elektronik altern

60 Millionen Euro für ein neues Forschungs­zentrum in Aachen.

An der RWTH Aachen entsteht bis 2020 ein Zentrum zur grund­legenden Erfor­schung der Alterung von Batterie­materi­alien und leistungs­elek­tro­nischen Systemen. Der Wissen­schafts­rat hat für das „Center for Ageing, Relia­bi­lity and Life­time Predic­tion of Electro­chemical and Power Elec­tronic Systems“, kurz CARL, knapp 60 Milli­onen Euro Förder­gelder vom Bund und dem Land Nord­rhein-West­falen bewilligt. CARL ist eine inter­diszi­plinäre Forschungs­ein­richtung, an der Mit­arbeiter von zehn Kern­profes­suren und rund zwanzig weiteren Lehr­stühlen und Instituten der RWTH und des Forschungs­zentrums Jülich weg­weisende Forschung betreiben können. Darunter befinden sich Wissen­schaftler der Disziplinen Chemie, Physik, Mathe­matik, Infor­matik und Material­wissen­schaft, Maschinen­bau und Elektro­technik.

„Batteriealterung und Lebensdauervorhersage der Leistungs­elek­tronik sind Themen, die in Aachen am Institut für Strom­richter­technik und elek­trische Antriebe ISEA schon seit den 1980er Jahren unter­sucht werden“, sagt ISEA-Leiter Rik De Doncker. „Mit CARL wird es jedoch zum ersten Mal in Deutsch­land einen ganz­heit­lichen Betrach­tungs­ansatz geben.“ Die komplette Prozess­kette von der Her­stellung bis zur Anwen­dung steht dabei ebenso im Fokus wie der Lebens­zyklus sämt­licher Materi­alien und Kompo­nenten. „Wir wollen bis zur Atom- und Kristall­ebene verstehen, wie Energie­speicher funktio­nieren und auf unter­schied­liche Anfor­derungen reagieren“, erklärt Projekt-Sprecher Dirk Uwe Sauer die grund­legende Idee von CARL. „Ganz ähnlich sind zum Beispiel die Fragen der Verbin­dungen für Leistungs­halb­leiter wie sie etwa in Elektro­fahr­zeugen oder Wind­kraft­anlagen einge­setzt werden. Erst wenn wir die physi­kalisch-chemischen Prozesse kennen, können wir Systeme produ­zieren, die ohne Über­kapa­zi­täten oder Redun­danzen arbeiten.“

Im CARL werden zwei Perspektiven betrachtet: die der Endan­wender einer­seits und die der Ent­wickler von Maschinen und Materi­alien zur Her­stellung von Batte­rien und Leistungs­elek­tronik anderer­seits. „Mit unseren Forschungs­ergebnissen können wir dazu bei­tragen, dass Entwick­lungs­zyklen be­schleu­nigt werden und durch eine optimale Konfi­gu­ration der Systeme letzt­lich Geld gespart wird“, sagt Sauer. Denn die Frage der Lebens­dauer ist essen­tiell für die Wirt­schaft­lich­keits­be­trachtung. Beispiels­weise ist es wichtig für Auto­her­steller, Abschrei­bungs­zeit­räume, Garantie­leistungen und Zuver­lässig­keit als Teil der funktio­nalen Sicher­heit ein­schätzen zu können.

Mit den Fördermitteln werden drei große Laborbereiche errichtet, die das eigent­liche Herz­stück von CARL bilden. Im ersten wird es Prüf­stände für Belastungs- und Umwelt­simu­la­tionen geben. Es geht beispiels­weise um elek­trische, mecha­nische, chemische oder klima­tische Einflüsse auf Material und Systeme von Batterien und Leistungs­elektronik. Hier werden Alterungs­pro­zesse quasi im Zeit­raffer ablaufen und analy­siert, um deren Ursachen im Detail erfor­schen zu können. Der zweite Labor-Bereich befasst sich mit dem Bau von Proto­typen. Die Leistungs­fähig­keit ganzer Systeme oder auch einzelner Bau­teile soll hier unter­sucht werden, um beispiels­weise Material- oder Kon­struk­tions­fehler früh­zeitig aus­schließen zu können. Der dritte Labor­bereich widmet sich schließ­lich der physi­kalisch-elektro­chemischen Analyse. Mit Hilfe einer Analyse­kette für Struktur- und Material­unter­suchungen, zu der unter anderem ein hoch­moderner Computer-Tomo­graph mit bisher nicht erreichter Auf­lösung zählen wird, können die Struk­turen des Materials bis zur atomaren Auf­lösung unter­sucht und analy­siert werden. Die Erkennt­nisse aus allen Labor­bereichen werden schließ­lich zusammen­ge­führt, um daraus Modelle für Simula­tionen zu erstellen und daraus Lebens­dauer­prognosen für die unter­schied­lichsten Anwen­dungs­bereiche und Nutzungs­profile abzu­leiten. Gleich­zeitig wird damit die Beschleu­nigung von Inno­vations­zyklen bei der Neu­ent­wicklung von Materi­alien und Systemen erreicht.

Mit dem Bau von CARL wird 2017 auf dem Campus Melaten im Westen von Aachen begonnen. Die Bau­kosten für das Gebäude betragen rund 43 Millionen Euro. Für die Groß­geräte und die Grund­aus­stattung sind rund 16 Millionen Euro veran­schlagt. Der Einzug der rund 150 Mitar­beiter ist für Mitte 2020 geplant.

RWTH / RK

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