Wie ein Stern zunimmt
Mehrere Teleskope offenbaren Details beim Wachstum des Sterns S255IR NIRS 3.
Ein internationales Forscherteam um Alessio Caratti o Garatti vom Dublin Institute for Advanced Studies hat erstmals beobachtet, wie ein massereicher junger Stern durch den Einfall von Materie wächst. Dabei waren die Daten des abbildenden Ferninfrarot-Spektrometers FIFI-LS der Universität Stuttgart an Bord der fliegenden Infrarotsternwarte SOFIA von entscheidender Bedeutung. Die Astronomen haben den Stern S255IR NIRS 3 (Kurzform: NIRS 3), der 20-mal schwerer ist als unsere Sonne, mit SOFIA – dem Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie – während dieses Wachstums beobachtet und diese Informationen mit Bildern und Spektren anderer Observatorien (Gemini Observatory, ESO/VLT, Calar Alto Observatory, ESO/MPG) kombiniert.
Abb.: Künstlerische Darstellung des Helligkeitsausbruchs des jungen, massereichen Sterns S255 NIRS 3. (Bild: U Stuttgart / DSI)
Mit diesen Daten haben Caratti o Garatti und seine Kollegen – zu denen auch Alfred Krabbe und Christian Fischer von der Universität Stuttgart zählen – bestätigt, dass schwere Sterne vermutlich genau wie ihre weniger massereichen Geschwister durch den Kollaps von interstellaren Gas- und Staubwolken entstehen. Im Innern dieser Gebiete formieren sich Protosterne, die von einer Akkretionsscheibe umgeben sind. Material fällt von außen auf diese Scheibe, wandert aufgrund der Schwerkraft nach innen und stürzt vom Innenrand der Scheibe auf den Protostern. So gewinnt der junge Stern an Masse und die dabei freiwerdende Energie wird abgestrahlt.
Dieser Massezuwachs findet allerdings nicht stetig, sondern in Form von Wachstumsschüben statt, da die Materie in den Akkretionsscheiben nicht ebenmäßig verteilt ist, sondern in Klumpen. Wenn diese auf den Stern stürzen, verursachen sie dort einen plötzlichen Helligkeitsanstieg. Erstmals konnten Wissenschaftler dieses Feuerwerk nun auch bei einem so massereichen Objekt wie NIRS 3 beobachten und zeigen, dass die Entstehung von massereichen Sternen als vergrößerte Version der Formation sonnenähnlicher, masseärmerer Sterne verstanden werden kann. Der wesentliche Unterschied ist, dass massereichere Sterne von einer größeren Akkretionsscheibe umgeben sind und mit höherer Wachstumsrate auf deutlich kürzeren Zeitskalen entstehen: 100.000 Jahre statt mehrere Millionen Jahre.
„Im Moment kann nur SOFIA die langwelligen Daten zur Verfügung stellen, die nötig sind, um wichtige Parameter des Helligkeitsausbruchs so junger, massiver Sterne zu bestimmen“, erklärt Alfred Krabbe, Leiter des Deutschen SOFIA Instituts der Universität Stuttgart. „In nur neun Monaten hat dieser Ausbruch die gleiche Menge Energie produziert, wie unsere Sonne in 100.000 Jahren“, sagt er. Die Astronomen konnten sogar ableiten, wie viel Masse während dieser Zeit auf den jungen Stern gestürzt sind: Etwa so viel wie zwei Riesenplaneten von der Masse des Jupiters.
Frühere Beobachtungen von NIRS 3 im nahen Infraroten hatten bereits gezeigt, dass der junge Stern vermutlich von einer Scheibe umgeben ist, von der sogar Jets ausgehen, die überschüssiges Material senkrecht zur Akkretionsscheibe mit hohen Geschwindigkeiten nach außen schleudern. Neue Nahinfrarotaufnahmen von NIRS 3 im Zeitraum von November 2015 bis April 2016 zeigen zum einen den plötzlichen Anstieg der Helligkeit des Protostern selbst sowie der ausströmenden Nebel.
Glücklicherweise hatte Jochen Eislöffel von der Thüringer Landessternwarte Tautenburg flexible SOFIA-Beobachtungszeit für Targets of Opportunity erhalten. So konnte NIRS 3 während seines Wachstumsschubes mit den SOFIA-Instrumenten FORCAST (bei 7,7, 11,1, 19,7, 31,5 und 37,1 Mikrometern) und FIFI-LS (bei 65, 90, 140 und 160 Mikrometern) beobachtet werden. „Wenn man bedenkt, dass massereiche Sterne ziemliche seltene Objekte sind und ihre Helligkeitsausbrüche nur einen Bruchteil ihres Lebens andauern, dann ist es ein großer Glücksfall, dass wir NIRS 3 genau in dieser Phasen beobachten konnten“, sagt Eislöffel.
U Stuttgart/ JOL










