23.11.2016

Wie ein Stern zunimmt

Mehrere Teleskope offenbaren Details beim Wachstum des Sterns S255IR NIRS 3. 

Ein inter­nationales Forscherteam um Alessio Caratti o Garatti vom Dublin Institute for Advanced Studies hat erstmals beobachtet, wie ein masse­reicher junger Stern durch den Einfall von Materie wächst. Dabei waren die Daten des abbildenden Fer­ninfrarot-Spektro­meters FIFI-LS der Universität Stuttgart an Bord der fliegenden Infrarot­sternwarte SOFIA von ent­scheidender Bedeutung. Die Astro­nomen haben den Stern S255IR NIRS 3 (Kurzform: NIRS 3), der 20-mal schwerer ist als unsere Sonne, mit SOFIA – dem Strato­sphären Obser­vatorium für Infrarot Astronomie – während dieses Wachstums beobachtet und diese Informationen mit Bildern und Spektren anderer Obser­vatorien (Gemini Observatory, ESO/VLT, Calar Alto Obser­vatory, ESO/MPG) kombiniert.

Abb.: Künstlerische Darstellung des Helligkeitsausbruchs des jungen, massereichen Sterns S255 NIRS 3. (Bild: U Stuttgart / DSI)

Mit diesen Daten haben Caratti o Garatti und seine Kollegen – zu denen auch Alfred Krabbe und Christian Fischer von der Uni­versität Stuttgart zählen – bestätigt, dass schwere Sterne vermutlich genau wie ihre weniger masse­reichen Geschwister durch den Kollaps von interstellaren Gas- und Staub­wolken entstehen. Im Innern dieser Gebiete formieren sich Proto­sterne, die von einer Akkretions­scheibe umgeben sind. Material fällt von außen auf diese Scheibe, wandert aufgrund der Schwerkraft nach innen und stürzt vom Innenrand der Scheibe auf den Proto­stern. So gewinnt der junge Stern an Masse und die dabei frei­werdende Energie wird abgestrahlt.

Dieser Masse­zuwachs findet allerdings nicht stetig, sondern in Form von Wachstums­schüben statt, da die Materie in den Akkretions­scheiben nicht ebenmäßig verteilt ist, sondern in Klumpen. Wenn diese auf den Stern stürzen, verursachen sie dort einen plötzlichen Helligkeits­anstieg. Erstmals konnten Wissen­schaftler dieses Feuerwerk nun auch bei einem so massereichen Objekt wie NIRS 3 beobachten und zeigen, dass die Entstehung von masse­reichen Sternen als vergrößerte Version der Formation sonnen­ähnlicher, masse­ärmerer Sterne verstanden werden kann. Der wesent­liche Unterschied ist, dass masse­reichere Sterne von einer größeren Akkretions­scheibe umgeben sind und mit höherer Wachstums­rate auf deutlich kürzeren Zeit­skalen entstehen: 100.000 Jahre statt mehrere Mil­lionen Jahre.

„Im Moment kann nur SOFIA die lang­welligen Daten zur Verfügung stellen, die nötig sind, um wichtige Parameter des Helligkeits­ausbruchs so junger, massiver Sterne zu bestimmen“, erklärt Alfred Krabbe, Leiter des Deutschen SOFIA Instituts der Uni­versität Stuttgart. „In nur neun Monaten hat dieser Ausbruch die gleiche Menge Energie produziert, wie unsere Sonne in 100.000 Jahren“, sagt er. Die Astro­nomen konnten sogar ableiten, wie viel Masse während dieser Zeit auf den jungen Stern gestürzt sind: Etwa so viel wie zwei Riesen­planeten von der Masse des Jupiters.

Frühere Beo­bachtungen von NIRS 3 im nahen Infraroten hatten bereits gezeigt, dass der junge Stern vermutlich von einer Scheibe umgeben ist, von der sogar Jets ausgehen, die über­schüssiges Material senkrecht zur Akkretions­scheibe mit hohen Geschwindig­keiten nach außen schleudern. Neue Nah­infrarot­aufnahmen von NIRS 3 im Zeitraum von November 2015 bis April 2016 zeigen zum einen den plötzlichen Anstieg der Helligkeit des Protostern selbst sowie der ausströmenden Nebel.

Glücklicher­weise hatte Jochen Eislöffel von der Thü­ringer Landes­sternwarte Tautenburg flexible SOFIA-Beobachtungs­zeit für Targets of Oppor­tunity erhalten. So konnte NIRS 3 während seines Wachstums­schubes mit den SOFIA-Instru­menten FORCAST (bei 7,7, 11,1, 19,7, 31,5 und 37,1 Mikrometern) und FIFI-LS (bei 65, 90, 140 und 160 Mikro­metern) beo­bachtet werden. „Wenn man bedenkt, dass massereiche Sterne ziemliche seltene Objekte sind und ihre Helligkeits­ausbrüche nur einen Bruchteil ihres Lebens andauern, dann ist es ein großer Glücksfall, dass wir NIRS 3 genau in dieser Phasen beo­bachten konnten“, sagt Eislöffel.

U Stuttgart/ JOL

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