07.06.2010

Wie groß ist klein?

Wissenschaftler entwickeln genaues und rückführbares Messverfahren für Nanopartikel.

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Wissenschaftler entwickeln genaues und rückführbares Messverfahren für Nanopartikel.

Ob in kosmetischen Produkten wie Sonnencreme, Zahnpasta oder Deodorant, ob in Farben und Lacken oder in der Krebstherapie: Nanopartikel sind weit verbreitet und bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Gleichzeitig sind die Risiken schwer abzuschätzen, die von diesen kleinen Teilchen während ihrer Herstellung, Verwendung und Entsorgung ausgehen. Denn durch ihre winzigen Ausmaße haben sie völlig andere chemische und physikalische Eigenschaften als größere Partikel oder Festkörper des gleichen Materials. Um ihre winzige Größe exakt zu ermitteln, haben Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ein elektronenmikroskopisches Messverfahren für die Größe von Nanopartikeln entwickelt. Es ermöglicht eine rückführbare Messung und kann Größenunterschiede bis zu einem Nanometer präzise ermitteln.

Abb.: Silika-Partikel mit einer Größe von 160 nm in einem Kohlelochfilm. Diese Aufnahme wurde mit einem Rasterelektronenmikroskop gemacht, das mit einem Transmissionsdetektor ausgestattet ist. Der Transmissionsdetektor misst die Elektronen, die durch die Probe hindurchgehen. Die Nanopartikel werden Schwarz abgebildet, weil durch sie kaum Elektronen hindurch dringen, der Hintergrund erscheint weiß. (Bild: PTB)

Das Messverfahren der PTB vereint die Vorteile verschiedener Typen von Elektronenmikroskopen: die Wissenschaftler rüsteten ein Rasterelektronenmikroskop (REM) mit einem Transmissionsdetektor auf. Dieser Aufbau ist weitaus kostengünstiger als ein Transmissionselektronenmikroskop (TEM). Mit Hilfe des Transmissionsdetektors können die Partikelgrenzen in vielen Fällen genauer dargestellt werden als mit einem konventionellen REM.

Ein Problem bei der hochgenauen Messung von Nanopartikeln ist die präzise Bestimmung des Partikelrandes, der in elektronenmikroskopischen Bildern "verschmiert" ist. Bei welchem Grauwert beginnt das Partikel und welcher Bild-Pixel ist noch Hintergrund? Um diese Frage beantworten zu können, wird simuliert: Ein an der PTB entwickeltes Programm berechnet das Detektorsignal für ein Partikel einer festgelegten Größe, zum Beispiel 150 nm, und berücksichtigt dabei die Wechselwirkungen der Elektronen mit dem Partikel und die Eigenschaften des Detektors. Dann wird verglichen. Stimmt das berechnete Signal mit dem gemessenen überein, kann man aus der Simulation auf die reale Größe des untersuchten Teilchens schließen. Wenn nicht, wird mit einer anderen Teilchengröße weiter gerechnet, beispielsweise 151 nm, solange bis es eine Übereinstimmung beider Signale gibt.

Die Wissenschaftler untersuchten Vertreter aus den Materialklassen der Metalle, Keramiken und Kunststoffe und konnten zeigen, dass sich das Detektorsignal auch mit den Materialeigenschaften ändert. So wechselwirken die Elektronen beispielsweise mit dem sehr dichten Gold anders als mit Latex, das eine geringere Dichte hat. Die herkömmliche Herangehensweise, für alle Partikel dasselbe Kriterium für die Datenauswertung anzusetzen, egal um welches Material es sich handelt und wie groß sie sind, hat also ihre Schwächen.

Um sowohl Größe als auch Material der Partikel berücksichtigen zu können, hat die PTB eine automatische Auswertung entwickelt. Sie berechnet auf der Basis der Simulationsergebnisse für jeden einzelnen Partikel ein individuelles Detektorsignal für den Partikelrand. So wird eine an den jeweiligen Partikel angepasste, präzise Größenbestimmung ermöglicht. Mehrere hundert Aufnahmen können so in wenigen Minuten automatisch ausgewertet und zudem nacheinander automatisch aufgenommen werden. Somit können die Wissenschaftler bis zu einiger tausend Partikel eine Probe innerhalb eines Tages charakterisieren.

Das neue Messverfahren könnte dazu beitragen, innerhalb der europäischen Union zertifizierte Referenzmaterialien herzustellen. Referenzmaterialien dienen dazu, europaweit alle Messungen mit einem definierten Standard zu vergleichen. Nur auf diese Weise lassen sich Messergebnisse verschiedener Labore vereinheitlichen.

PTB/KP

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