21.09.2018

Wie Magnetismus entsteht

Ursächliche Wechselwirkung zwischen einzelnen Elektronen sichtbar gemacht.

Magne­tische Materialien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das Phänomen ist seit rund 3000 Jahren bekannt und für viele technische Anwen­dungen von Bedeutung, vom Kompass über den Elektro­motor bis zum Daten­speicher. Die ferro­magnetischen Eigenschaften werden durch eine kollektive Aus­richtung der Elektronen­spins erzeugt. Doch wie dieser Prozess genau abläuft, ließ sich bis jetzt nicht direkt beobachten. Doch nun ist es Forschern der Univer­sität Halle und des Forschungs­zentrums Jülich zum ersten Mal gelungen, in Kobalt die Wechsel­wirkung zwischen einzelnen Elektronen sichtbar zu machen, die letztlich zur Ausbildung der magne­tischen Eigen­schaften führt.

Abb.: Die Messung mit dem Impulsmikroskop zeigt die Verteilung der Majoritäts-Spinzustände in rot und der Minoritäts-Spinzustände in blau für Elektronen mit unterschiedlicher Energie. (Bild: FZJ / C. Tusche et al., Nat. Commun., DOI: 10.1038/s41467-018-05960-5, CC-BY 4.0)

Der Elektronen­spin ist so etwas wie das quanten­mechanische Pendant der Drehung eines Elektrons um sich selbst. Dabei sind nur zwei Spinzustände möglich. In unmagne­tischen Materialien treten beide Spin­zustände ungefähr gleich häufig auf. Magne­tische Materialien zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass die Spins mehr­heitlich in eine Richtung zeigen. Die Messung der Spin­zustände brachte nun ein durchaus über­raschendes Ergebnis: „Bis jetzt war nicht ganz klar, dass die Wechsel­wirkungen in magne­tischen Materialien, die dafür sorgen, dass sich die Elektronen­spins einheitlich ausrichten, eine gewisse Ausdehnung haben“, berichtet Christian Tusche vom Jülicher Peter Grünberg Institut. „In klassischen Modellen nimmt man an, dass jedes Elektron nur lokal mit seinen nächsten Nachbarn wechselwirkt. Aber wir sehen jetzt ganz deutlich, dass es auch durch Elektronen weiter weg beein­flusst wird. Das wird unser Verständnis vom Magne­tismus verändern.“

Für ihre Unter­suchungen nutzten die Forscher das NanoESCA-Mikroskop in Triest. „Normaler­weise werden Elektronen­mikroskope dazu verwendet, stark vergrößerte Bilder einer Probe zu erhalten. Das NanoESCA liefert dagegen auch anders geartete Aufnahmen, in diesem Fall eine Art Landkarte der Geschwin­digkeits­verteilung der Leitungs­elektronen, die auch den Spin der Elektronen zeigt“, erklärt Christian Tusche. Ermöglicht wird dies durch spezielle Eigen­schaften des Synchrotron­lichts, wie etwa die Durch­stimmbarkeit der Wellenlänge, die es erlauben, den Impuls der Leitungs­elektronen und deren Pola­risation, also praktisch die Geschwin­digkeit und den Spin­zustand, sehr genau zu erfassen.

Mit dem neuartigen Verfahren der spin­auflösenden Impuls­mikroskopie konnten die Forscher nun zum ersten Mal die vorherr­schenden Majoritäts- und die selteneren Mino­ritäts-Spin­zustände in einem magne­tischen Material differen­ziert erfassen. Dies wiederum ist die Voraus­setzung dafür, um die Wechsel­wirkung zwischen einzelnen Elektronen zu bestimmen, die zur kollek­tiven Ausrichtung der Elektronen­spins und damit zur Entstehung des Magne­tismus führt.

FZJ / JOL

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