24.11.2017

Wie man interstellare Raumsonden abbremst

Magnetische Segel könnten Bewegungsenergie auf das inter­stellare Gas über­tragen.

Die Vorstellung, unbemannte Raumsonden durch den inter­stellaren Raum zu anderen Sternen zu schicken, galt lange als reine Utopie. Im Rahmen der „Break­through Star­shot Initi­ative“ und anderen Projekten wird jedoch derzeit an realen Konzepten gearbeitet, miniatu­ri­sierte Raum­sonden mittels starker Laser zu beschleu­nigen. Noch schwieriger wäre es aller­dings, inter­stellare Raum­sonden am Ziel auch wieder abzu­bremsen, da man sie aus Gewichts­gründen nicht mit Brems­aggre­gaten aus­statten kann. Wie Claudius Gros von der Uni Frank­furt am Main jetzt gezeigt hat, wäre es aber möglich, zumindest relativ lang­same Raum­sonden mit Hilfe magne­tischer Segel wieder abzu­bremsen.

Abb.: Konzept einer interstellaren Miniatur-Sonde, ange­trieben durch starke Laser. (Bild: Break­through Star­shot Initiative)

„Langsam würde in diesem Fall eine Reisegeschwindigkeit von tausend Kilo­metern pro Sekunde bedeuten, was zwar nur 0,3 Prozent der Licht­geschwin­dig­keit ist, dafür aber etwa fünfzig­mal schneller als die Voyager-Raum­sonden“, erläutert Gros. Um die Bewe­gungs­energie der Raum­sonde auf das inter­stellare Gas zu über­tragen, ist nach den Berech­nungen von Gros ein magne­tisches Segel not­wendig, das aus einer großen supra­leiten­den Schlaufe mit einem Durch­messer von etwa fünfzig Kilo­metern besteht. In dieser Schlaufe wird verlust­frei ein Strom indu­ziert, der ein starkes Magnet­feld erzeugt. Der ioni­sierte Wasser­stoff des inter­stellaren Mediums wird in der Folge vom Magnet­feld der Sonde reflek­tiert, wodurch diese nach und nach abge­bremst wird. Das funktio­niert, wie Gros zeigen konnte, trotz der extrem nied­rigen Teil­chen­dichte im inter­stellaren Raum.

Die Arbeiten von Gros zeigen, dass Magnetsegel langsame Raum­sonden mit einer Masse von bis zu 1500 Kilo­gramm abbremsen können. Für die Reise wären aller­dings histo­rische Zeit­räume not­wendig. Die sieben bekannten Planeten des Systems Trappist-1 könnten so in etwa 12.000 Jahren erreicht werden. Inte­res­sant ist dabei, dass für den Start der gleiche Laser geeignet wäre, mit dem sich nach bis­herigen Planungen auch wenige Gramm schwere Raum­sonden fast auf Licht­geschwin­dig­keit beschleu­nigen und nach Alpha Centauri schicken ließen.

Missionen zu fremden Sternen, die Jahrtausende benötigen, kommen nicht für wissen­schaft­liche Erkun­dungs­missionen infrage. Anders sieht es dagegen aus, wenn die Reise­dauer keine Rolle spielt. Ein Beispiel hierfür sind Missionen, die dem irdischen Leben alter­native Ent­wick­lungs­mög­lich­keiten eröffnen. Solche Missionen, wie sie 2016 von Gros unter dem Namen „Genesis Projekt“ vorge­schlagen wurden, würden ein­zel­liges Leben mit sich führen, entweder als tief­ge­kühlte Sporen oder kodiert in einem minia­turi­sierten Gen-Labor. Für eine Genesis Sonde ist nicht der Zeit­punkt der Ankunft wichtig, sondern die Möglich­keit abzu­bremsen und in eine Umlauf­bahn um den Ziel­planeten ein­zu­schwenken.

GUF / RK

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