Wie messen Satelliten die Magnetfelder der Sonne?
Sonnenflecken, Sonnenstürme und heiße Korona: Sie alle gehorchen den unsichtbaren Kräften.
Bereits im Jahr 1908 fand der berühmte Astronom George Ellery Hale heraus, dass Sonnenflecken auf magnetischen Phänomenen beruhen. Seitdem sind die Kenntnisse über solare Magnetfelder zwar enorm gestiegen, viele Analysen basieren aber weiterhin nur auf qualitativen und nicht quantitativen Beobachtungen. Da starke Magnetfelder das Verhalten der oberen Sonnenschichten maßgeblich beeinflussen, ist deren Verständnis nicht nur für die Entstehung von Sonnenflecken und Protuberanzen von Bedeutung, sondern auch für die Vorhersage von Sonnenstürmen aus hochenergetischem Plasma. Auch koronale Massenauswürfe und Flares hängen von Magnetfeldern ab, ebenso wie der elfjährige Aktivitätszyklus der Sonne und der Energietransfer von der Photosphäre, der tiefsten direkt beobachtbaren Sonnenschicht, in die sehr viel dünnere und heißere Korona.
Abb.: Magnetfeld in einem Sonnenfleck, der linke Bildausschnitt zeigt die Feldstärke, der mittlere die Inklination der Feldlinien und der rechte deren Azimuthwinkel. (Bild: A. G. de Wijn)
Bei der Messung von solaren Magnetfeldern konnten Wissenschaftler in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielen. So sind – neben anderen – derzeit die beiden auf Sonnenbeobachtung spezialisierten Satelliten Hinode und Solar Dynamics Observatory (SDO) im Orbit. Eigens für die Magnetfeldmessung trägt das unter japanischer Federführung entwickelte Weltraumteleskop Hinode ein Spectropolarimeter, der NASA-Satellit SDO den Helioseismic and Magnetic Imager.
Zur quantitativen Bestimmung von Magnetfeldern ist der Zeeman-Effekt eine unschätzbare Hilfe. Er beschreibt die Aufspaltung von Spektrallinien in Magnetfeldern, wobei die Stärke der Trennung der einzelnen Linien vom effektiven Landé-Faktor und der Feldstärke abhängt. Da man ersteren aus Atommodellen ableiten oder ihn mit Hilfe von Atom-Spektroskopie bestimmen kann, lässt sich aus dem Abstand der Spektrallinien die magnetische Feldstärke bestimmen. In Regionen starker Magnetfelder, wie etwa bei Sonnenflecken, kann diese Aufspaltung größer als die Linienbreite werden.
Bei schwachen Feldern wird lediglich die Spektrallinie etwas dicker. In solchen Fällen geben Intensitätsmessungen allein keinen Rückschluss auf die Feldstärke. Allerdings sind die beiden leicht verschobenen Komponenten zirkulär und gegensätzlich polarisiert. Spektropolarimetrische Aufnahmen, die gleichzeitig die spektrale und polarimetrische Information verwerten, gekoppelt mit leistungsstarken CCD-Kameras, erlauben so doch die Messung von Richtung und Stärke der Magnetfelder. Das Problem der Doppeldeutigkeit polarimetrischer Aufnahmen bleibt aber auch hier bestehen. Der Azimuth-Winkel der Feldlinien lässt sich nur bis auf einen Faktor von 180 Grad ermitteln.
Die gebräuchlichste Methode zur Bestimmung solarer Magnetfelder besteht darin, atmosphärische Modelle und äußere Felder gemeinsam zu simulieren, wobei die Modelle und Felder so lange variiert werden, bis sie zu den Beobachtungen passen. Die komplexeren Modelle ziehen mehr Freiheitsgrade in Betracht und gehen etwa von einem lokalen thermischen Gleichgewicht aus. Solche Modelle berücksichtigen unter anderem die Anregungszustände von Atomen und liefern dafür auch höhenabhängige Informationen.
Bereits in der Chromosphäre, die zwischen Photosphäre und Korona liegt, sind die Wechselwirkungen zwischen Strahlungsfeld und angeregten Atomen aber schon so stark, dass nur rechenaufwändige iterative Verfahren oder Mustererkennungsverfahren noch stimmige Modelle liefern können. In den letzten Jahren haben Forscher diese Techniken auf Protuberanzen und Filamente anwenden können. Derzeit sind aber viele Beobachtungen zu ungenau, Instrumente zur besseren Bestimmung noch in Entwicklung. In den kommenden Jahre erwarten Sonnenforscher hier deutliche Fortschritte.
Dirk Eidemüller
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