21.12.2018

Wie Nanopartikel Zellmembranen durchdringen

Membranspannung kontrol­liert den Trans­port­mecha­nismus.

Nanopartikel können Zellmembranen durchdringen, wenn deren Spannung geändert wird. Das haben Forscher der Univer­sität des Saar­landes in Zusammen­arbeit mit Kollegen aus Spanien und China gezeigt. Sie unter­suchten den Transport von Kohlen­stoff-Nano­röhr­chen durch eine Modell­zell­membran. Dabei konnten sie nach­weisen, dass es sich beim Durch­dringen der Zell­membran um einen physi­ka­lischen Prozess handelt, der durch die Membran­spannung kontrol­liert werden kann.

Abb.: Diese Serie fluoreszenz­mikro­sko­pischer Auf­nahmen zeigt die...
Abb.: Diese Serie fluoreszenz­mikro­sko­pischer Auf­nahmen zeigt die Wande­rung eines Kohlen­stoff­röhr­chens durch eine Lipid­doppel­schicht. (Bild: J. B. Fleury, UdS)

Den theoretischen Teil des Projekts bearbeiteten die Forscher anhand von Computer­simu­la­tionen: Am Rechner schufen sie eine künst­liche Zell­membran bestehend aus einer Phospho­lipid-Doppel­schicht. „Diese gilt als Modell für die mensch­liche Zell­membran, die vor allem aus Phospho­lipiden besteht“, erläutert Jean-Baptiste Fleury von der Univer­sität des Saar­landes. Die Wissen­schaftler konnten nach­weisen, dass winzige Kohlen­stoff­röhr­chen zwar in diese Doppel­schicht ein­dringen können, jedoch nicht durch sie hin­durch­wandern. Das ändert sich, sobald im Computer­modell die Membran­spannung redu­ziert wird: In diesem Fall durch­dringen die Nano­röhr­chen die Membran spontan.

Für die experimentelle Überprüfung erzeugten die Forscher eine Modell­zell­membran aus Phospho­lipiden in einem mikro­flui­dischen Experi­ment, bei dem kleinste Flüssig­keits­mengen auf engstem Raum ein­ge­setzt werden. Inner­halb eines mikro­flui­dischen Bau­teils brachten sie Wasser­tröpf­chen in Kontakt mit Öl, in dem sich Phospho­lipide befanden. Diese Lipid-Moleküle sind polar auf­ge­baut: Sie besitzen einen hydro­philen Kopf und hydro­phobe Enden, die aus zwei Kohlen­wasser­stoff­ketten bestehen. „Im Grenz­bereich zwischen Wasser und Öl kann die Lipid­doppel­schicht spontan ent­stehen. Ihren Kern bilden die wasser­ab­stoßen­den Anteile, während die hydro­philen Enden der Lipide sich nach außen richten“, erläutert Fleury.

Diese fünf Nanometer dicke Doppellage ist normaler­weise für Moleküle undurch­lässig. Das gilt auch für die von den Forschern benutzten Kohlen­stoff-Nano­röhr­chen. Mittels optischer Fluores­zenz­mikro­skopie und elektro­physio­lo­gischen Messungen konnten die Wissen­schaftler zeigen, dass die zehn Nano­meter langen Röhr­chen mit ihren hydro­philen Enden in die künst­liche Zell­membran ein­drangen, jedoch im Kern fest­ge­halten wurden. Da die Kohlen­stoff­röhr­chen besonders gute Trans­port­eigen­schaften für Ionen besitzen, konnte durch Leit­fähig­keits­messungen gezeigt werden, dass sie senk­recht in der Membran ein­drangen und als künst­liche Ionen­kanäle ver­wendet werden können. Sobald aller­dings die Membran­spannung aus­reichend redu­ziert wurde, konnten die Nano­röhr­chen durch die Membran hin­durch­wandern.

„Ab einer Stärke von vier Millinewton pro Meter können die Nano­röhr­chen ihren Kontakt mit dem hydro­phoben Kern ver­lieren und die Membran durch­dringen“, berichtet Fleury. „Es handelt sich dabei um einen physi­ka­lischen Trans­port­mecha­nismus, was in Zellen eher selten auf­tritt. Und wir können diesen Prozess durch die Membran­spannung kontrol­lieren.“ Da Spannungen von einigen Milli­newton durch­aus in bestimmten mensch­lichen Zell­typen auf­treten können, erlauben die Ergeb­nisse Rück­schlüsse darauf, in welchen Bereichen des Körpers ein Trans­port von Nano­partikeln durch Zell­membranen grund­sätz­lich möglich sein könnte.

UdS / RK

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