23.07.2012

Wie Nanoporen Eisbildung verhindern

In nanometergroßen Löchern kann Wasser selbst bei 173 Kelvin nicht kristallisieren.

Wie Wasser gefriert, wenn es in winzigen Poren eingeschlossen ist, interessiert neben den Physikern auch Geologen, Ingenieure, Chemiker und Biologen. Jetzt haben Forscher um Benoit Coasne von der Université Montpellier beobachtet, dass Wasser in Nanoporen sich zwar an der Oberfläche molekular ausrichtet, doch im Innern auch bei sehr tiefen Temperaturen nicht kristallisiert.

Abb.: Die experimentell ermittelten Positionen der Wassermoleküle (blau) im Zentrum der Nanoporen bleiben auch bei sehr tiefen Temperaturen unbestimmt. (Bild: F. G. Alabarse et al. / PRL)

Das Wasser befand sich in den Hohlräumen eines mikroporösen Einkristalls aus Aluminiumphosphat. Die zylindrischen Hohlräume im Kristall hatten einen Durchmesser von 1,2 nm und wiesen eine hydrophile Oberfläche auf. Mit Hilfe von Röntgen-Beugung, Raman-Spektroskopie und Molekularsimulationen untersuchten die Forscher, wie sich die Wassermoleküle bei verschiedenen Temperaturen in den Hohlräumen anordneten und dabei Wasserstoffbrücken bildeten.

Die Wassermoleküle, die sich am Rand der Poren befanden, waren durch Wasserstoffbrücken mit den Sauerstoffatomen an der Kristalloberfläche verbunden. Dadurch wurden sie an einem bestimmten Ort fixiert. Überraschenderweise reichte die molekulare Ordnung, die dadurch am Rand der Poren herrschte, nicht in das Poreninnere hinein.

Bei Zimmertemperatur bewegten sich die Wassermoleküle in den Poren zu stark, um geordneten Positionen einnehmen zu können. Doch auch bei tiefen Temperaturen (235 K und 173 K) gefror das Wasser in der Porenmitte nicht zu Eis. Sein Raman-Spektrum wies nicht die für Eis charakteristische Bande auf, die von OH-Dehnungsschwingungen herrührt.

Die Forscher schließen aus ihren Beobachtungen: Weder am Rand noch im Innern der Poren friert das Wasser zu Eis. Am Rand hatten die Wassermoleküle nicht mehr genug Wasserstoffbrücken zur Verfügung, mit denen sie sich untereinander vernetzen und dadurch einen Kristall bilden konnten.

Im Innern der Poren gibt es zwar ausreichend Wasserstoffbrücken, doch die starke Krümmung der Molekülanordnung am Porenrand macht es den Wassermolekülen im Poreninnern unmöglich, sich in einem Tetraedergitter anzuordnen und einen Eiskristall zu bilden. Stattdessen nimmt das Wasser einen glasartigen, amorphen Zustand an.

In größeren wassergefüllten Poren, an deren Rand die Anordnung der Wassermoleküle nicht zu stark gekrümmt ist, gewinnt bei hinreichend tiefer Temperatur die Ordnung die Oberhand und es entsteht ein Eiskristall. Doch in zu engen Poren kann sich kein Eis bilden – ganz gleich wie kalt es ist. Das wird nicht nur die Physiker interessieren.

Rainer Scharf

OD

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