19.04.2016

Wie sich Pflanzen vor zu viel Sonnenlicht schützen

Fluoreszenz-Spektroskopie offenbart molekulare Clusterprozesse der Licht absorbierenden Antennenkomplexe.

Pflanzen, Algen und einige Bakterienarten beherrschen das Kunststück der Photosynthese. Für die Umwandlung der Energie des Sonnen­lichts in chemische Energie spielt die effiziente Absorption von Photonen eine zentrale Rolle. Doch auch Pflanzen sind vor Sonnen­brand nicht gefeit und können bei zu intensivem Sonnen­licht Schaden nehmen. Eine Gruppe litauischer Physiker analysierte nun die molekularen Prozesse, mit der sich Pflanzen schützen. Die Ergebnisse könnten auch neue Impulse für die zahlreichen Ansätze der künstlichen Photo­synthese geben.

Abb.: Mit diesen Lichtsammelkomplexen – hexagonal angeordnet – fangen Pflanzen Sonnenlicht ein und können sich auch vor Sonnenbrand schützen. (Bild: J. Chmeliov et al.)

Fast alle Pflanzen nutzen für die Photo­synthese den Licht­sammel­komplex II (LHCII), der sich aus verschiedenen Pigmenten wie Chlorophyll a, Chlorphyll b und Lutein zusammensetzt. Dieses organische Makro­molekül ist für die hoch effiziente Absorption des Sonnenlichts und Erzeugung von Ladungs­trägern verantwortlich, kann aber bei zu intensiver Einstrahlung Schaden nehmen. Daher reagieren Pflanzen selbstständig mit einem Regulations­prozess, um Strahlen­schäden zu vermeiden. Die potenziell schädigende Energie der Photonen wird dabei in Wärme umgewandelt und kann schnell an die Umgebung abgegeben werden.

Leonas Valkunas und seine Kollegen von der Universität Vilnius gingen nun den bislang im Detail unbekannten molekularen Prozessen für diesen Schutz­mechanismus auf den Grund. Dazu nutzten sie eine Glycerol-Lösung mit darin verteilten LHCII-Trimeren. Diese Flüssig­keit setzten sie gepulstem Laserlicht mit 515 Nanometer Wellenlänge und einer Frequenz von 20 Kilohertz aus. Um zeitaufgelöste Fluoreszenz­spektren der Proben zu erhalten, koppelten sie eine Schmierbild- (Streak-)Kamera mit einem Spektro­meter. Aus den Spektren konnten sie die Dynamik der schützenden Prozesse der Licht­sammel­komplexe ermitteln.

Aus früheren Studien ist bekannt, dass sich die Licht­sammel­komplexe zu einer hexagonalen Struktur anordnen. In dieser Struktur reagierten einzelne LHCII-Komplexe je nach Verknüpfung mit benachbarten Komplexen anders auf einfallendes Licht. Dominant war bei allen Proben und Mess­temperaturen zwischen 15 und 273 Kelvin ein Fluoreszenz­signal bei 680 Nanometer. Zusätzlich beobachteten Valkunas und Kollegen eine weitere Fluoreszenz­bande bei etwa 710 Nanometer, die sich nur wenige Nanosekunden nach der ersten Beleuchtung ausbildete. Diese belegte, dass sich die Energie der Photonen teilweise in länger­welliges Licht umwandelte.

Für den wirksamsten Strahlungsschutz waren jedoch LHCII-Komplexe verantwortlich, die sich zu größeren Molekül­aggregaten zusammenballten. Mit diesem „Quenching“ büßten die Komplexe einen Teil ihrer Licht absorbierenden Eigenschaften ein. In den Messungen spiegelte sich dieser Effekt in einer stark reduzierten Fluoreszenz wieder. Die Energie der Photonen konnte folglich nicht mehr freie Ladungs­träger im Photo­synthese-System erzeugen, sondern wurde als Wärme abgeleitet.

Die Forscher sind davon überzeugt, dass sich ihre Labor­messungen prinzipiell auf lebende Pflanzen übertragen lassen. Diese könnten über die strukturelle Anordnung der LHCII-Komplexe binnen weniger Nanosekunden auf schwankende Licht­intensitäten reagieren und sich so vor zu starker Sonnenstrahlung schützen. Mit einer besseren Kenntnis der molekularen Photosynthese-Prozess ist es nicht ausgeschlossen, auch die komplexen Reaktions­abläufe einer künstlichen Photo­synthese etwa für die direkte Erzeugung von Wasserstoff mit Sonnenlicht zu optimieren.

Jan Oliver Löfken

DE

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