Wie Spins und Phononen interagieren
Dynamik der Demagnetisierung von Ferrimagneten beim Aufheizen untersucht.
Magnete kommen in verschiedenen Varianten vor. Ferrimagnete bilden die größte Klasse von Magneten und bestehen aus zwei Arten von Atomen. Ähnlich einer Kompassnadel besitzt jedes Atom ein kleines magnetisches Moment, auch Spin genannt, welches von den Elektronen des Atoms erzeugt wird. Bei einem Ferrimagneten zeigen die magnetischen Momente der beiden Atome in entgegengesetzte Richtungen. Die Gesamtmagnetisierung ist somit die Summe aller magnetischen Momente. Aufgrund der entgegengesetzten Richtung ist die Größe der Gesamtmagnetisierung durch diese Differenz gegeben.
Abb.: Bildliche Darstellung des Demagnetisierungsprozesses, angeregt durch das plötzliche Aufheizen des Kristallgitters durch intensive Terahertz-
Wird ein nicht leitender Ferrimagnet erwärmt, erreicht die Wärme zunächst das Atomgitter, wodurch sich die Atome zufällig um ihre Ruhelage bewegen. Schließlich verursacht ein Teil der Wärme auch eine zufällige Präzession der Spins um ihre ursprüngliche, kalte Richtung. Dadurch geht die magnetische Ordnung verloren. Die Gesamtmagnetisierung nimmt ab und verschwindet schließlich, wenn die Temperatur des Ferrimagneten eine kritische Temperatur, die Curie-
Ein Team von Wissenschaftlern aus Berlin (Collaborative Research Center / Transregio 227 Ultrafast Spin Dynamics, Fritz-
Sein Kollege Ilie Radu fasst zusammen: „Unsere Beobachtungen sprechen eine klare Sprache. Wir fanden heraus, dass eine plötzliche Erwärmung des Atomgitters die magnetische Ordnung des Ferrimagneten auf zwei verschiedenen Zeitskalen reduziert: eine unglaublich schnelle Skala von nur einer Pikosekunde und eine 100.000-
Diese beiden Zeitskalen können analog zu Wasser in einem geschlossenen Topf, der in einen heißen Ofen gestellt wird, verstanden werden. Die heiße Luft des Ofens entspricht dem heißen Atomgitter, während die magnetischen Spins dem Wasser im Topf entsprechen (siehe Abb. A). Wird das Atomgitter durch den Terahertz-
Der aufgeheizte Ferrimagnet möchte aber nicht nur M1 und M2, sondern auch seine Gesamtmagnetisierung M1-M2 verkleinern. Dazu muss ein Teil des Spins an das Atomgitter abgegeben werden. Diese Situation ist wiederum völlig analog zum heißen Wasser in einem geschlossenen Topf: Der Druck im Topf steigt an, wird aber durch kleine Lecks im Deckel langsam nach außen abgegeben (siehe Abb. C). Diese Übertragung von Drehimpuls an das Atomgitter ist genau das, was im Ferrimagneten durch schwache Kopplungen zwischen den Spins und dem Gitter passiert.
„Wir haben jetzt ein klares Bild davon, wie das heiße Atomgitter und die kalten magnetischen Spins eines ferrimagnetischen Nichtleiters miteinander ins Gleichgewicht gelangen“, sagt Ilie Radu. Das internationale Forscherteam fand heraus, dass eine Energieübertragung sehr schnell stattfindet und zu einem neuartigen Zustand der Materie führt, in dem die Spins zwar heiß sind, aber noch nicht ihr gesamtes magnetisches Moment verringert haben. Dieser „Spinüberdruck“ wird durch wesentlich langsamere Prozesse abgebaut, die eine Abgabe von Drehimpuls an das Gitter ermöglichen.
„Unsere Ergebnisse sind auch für Anwendungen in der Datenspeicherung relevant“, ergänzt Sebastian Maehrlein. „Der Grund ist einfach. Wann immer wir den Wert eines Bits in einem magnetischen Speichermedium zwischen Null und Eins umschalten wollen, müssen letztlich Drehimpuls und Energie zwischen Atomgitter und Spins übertragen werden."
FVB / DE