14.09.2015

Wie von Geisterhand

Leuchtender Nanodiamant schwebt im Vakuum.

Natürlich ist es kein Spuk sondern ausgefeilte Tüftelei, über die Forscher der Universität Rochester in einer neuen Veröffentlichung in Nature Photonics berichten. Den Physikern um Nick Vamivakas gelang es erstmals, ein optisch aktives Nanopartikel in einer Laserfalle zu fangen. Damit ist der erste Schritt in Richtung schwebender Systeme mit kombinierten optischen, mechanischen und Spin-Feiheitsgraden getan, die in Zukunft sowohl der Vermessung kleinster Kräfte und Drehmomente dienen können als auch einen Weg aufzeigen, makroskopische Quantenzustände zu realisieren.

Abb.: Nanodiamant mit stickstoffbesetzten Fehlstellen im Kristallgitter in einer optischen Dipolfalle. In einem hier nicht gezeigten Schritt wurden die Experimente ins Vakuum verlagert und mit Nanodiamanten durchgeführt, die nur eine einzelne Stickstoff besetzte Fehlstelle in ihrem Zentrum hatten, und deren Lichtsignal nicht stark genug zur Darstellung auf herkömmlichen Fotos ist. (Bild: J. Adam Fenster, U Rochester)


Nanopartikel im Vakuum wurden bereits häufig untersucht, jedoch waren sie bisher nicht optisch aktiv. Die Nanodiamanten hingegen können mit Stickstoffatomen besetzte Fehlstellen – engl. nitrogen-vacancy (NV) centers – in ihrer Gitterstruktur aufweisen, die Licht emittieren und die Spinquantenzahl 1 haben. Damit haben die Wissenschaftler erstmals ein sogenanntes „Hybrid-Quantensystem“ gebildet. Es verbindet die mechanische Bewegung des Nanodiamanten mit dem internen Spin der Fehlstelle und seinen optischen Eigenschaften. In einer früheren Veröffentlichung zeigten die Autoren bereits, dass Nanaodiamanten in einer Laserfalle gehalten werden können.

Die jüngste Veröffentlichung beschreibt welche Ergebnisse mit solchen Systemen im Vakuum erzielt werden können. Während die Nanodiamanten unter Atmosphärendruck durch Stöße mit Luftmolekülen gestört werden, kann man das System im Vakuum störungsfrei beobachten. „Dadurch können wir die mechanische Kontrolle über das System ausüben.“ erklärt Levi Neukirch, Erstautor und Doktorand in der Arbeitsgruppe von Vamivakas. „Sie werden zu kleinen harmonischen Oszillatoren.“

Die Forscher können nun die Position des Diamanten im dreidimensionalen Raum vermessen und ein Rückmeldungssignal auf der Grundlage von Position und Geschwindigkeit des Nanodiamanten erzeugen. „Dies lässt uns die Kristallbewegung aktiv dämpfen.“, freut sich Neukirch. „Dazu ändern wir nur das Potential der Laserfalle.“ Der Rückkopplungsmechanismus zur Steuerung der Bewegung wurde so eingestellt, dass der Diamant minimal um eine Ruhelage oszilliert. Das ist, wie Neukirch erklärt, letztendlich das Ziel der Experimente: die Bewegung des Diamanten soll bis zu seinem Grundzustand gedämpft werden, um ein System zu erhalten, das sich wie ein quantenmechanischer Oszillator verhält.

Abb.: Erstautor Levi Neukirch und Gruppenleiter Nick Vamivakas in ihrem Labor. (Bild: U Rochester)

In vorhergehenden Experimenten enthielten die Nanodiamanten mehrere hundert stickstoffbesetzten Fehlstellen, die nach Anregung mit dem Leserstrahl alle Licht emittierten. Die jüngste Veröffentlichung berichtet von Untersuchungen an Kristallen mit weniger Fehlstellen. Die Wissenschaftler konnten sogar Nanodiamanten mit nur einer einzigen Fehlstelle ausmachen. Mit einem Einzelspin in einem solchen NV-Zentrum und einem als Quantenoszillator funktionierenden System, wären sie in der Lage, den Spinzustand im Innern der Fehlstelle im Kristall durch mechanische Kontrolle des gesamten Nanodiamanten einzustellen.

Um dies zu ermöglichen muss das System in ein noch besseres Vakuum gebracht werden. Die Forscher stoßen hier schnell an die Grenzen des Experiments, da bei niedrigen Drücken die Nanodiamanten zerstört werden. Neukirch vermutet, dass die Kristalle entweder schmelzen oder sublimieren, weil die vom Laser während der Anregung des Systems übertragene überschüssige Hitze durch weniger Restgasmoleküle aus dem Nanodiamanten abgeführt werden kann.

In Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe der finnischen Abo Akademi Universität wurden die Nanodiamanten zum Schutz mit Silicathüllen umkapselt. Während dies das ursprüngliche Problem nicht löste, fanden die Forscher jedoch heraus, dass die neue rundere und homogene Form der Nanodiamanten in Zukunft anderen Experimenten zugutekommen wird.

Bevor die Wissenschaftler ihr Ziel erreichen und die Nanodiamanten mechanisch in einen Grundzustand kühlen können, müssen sie zunächst also das Verschwinden der Kristalle bei niedrigen Drücken verhindern. Dann allerdings hat das neue System vielversprechende Aspekte. Über die nun mögliche äußere Kontrolle des einzelnen Spins im Nanodiamanten könnten im Grundzustand Superpositionszustände – also solche, in denen der Spin sowohl den Wert +1 als auch -1 hat – eingestellt werden. Damit wäre es erstmalig möglich, das als Schrödingers makroskopische Katze bekannte Phänomen zu untersuchen.

U Rochester / LK

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