12.09.2024

Wie Wasser und Wolken zusammenhängen

Große Kampagne zur Untersuchung der Atmosphäre im tropischen Atlantik erreicht Halbzeit.

Mit acht koordinierten Teilkampagnen vermisst derzeit ein internationales Forschungsteam, zu dem auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) gehören, die Atmosphäre im tropischen Atlantik. Dabei sind unter anderem ein Forschungsschiff, Forschungsflugzeuge und der Satellit EarthCARE im Einsatz. Gestartet ist die insgesamt zweimonatige Expedition Anfang August im afrikanischen Inselstaat Kap Verde. Nun geht es für die Wissenschaftler auf die westliche Atlantikseite, nach Barbados, wo sie ihre Messungen bis Ende September fortsetzen. Am Start- und Zielort komplettieren Bodenstationen die Beobachtungen. Insgesamt sind mehr als 200 Wissenschaftler und Techniker von fast fünfzig Institutionen an der Kampagne beteiligt.


Abb.: Die Forscher vermessen die Wolkenbildung über dem tropischen Atlantik.
Abb.: Die Forscher vermessen die Wolkenbildung über dem tropischen Atlantik.
Quelle: B. Stevens / MPI-M

Meteorologen interessieren sich für den tropischen Atlantik besonders aufgrund des Wolkenbandes, das hier das Wettergeschehen bestimmt und das die Dynamik der Atmosphäre auch global beeinflusst: die atlantische Innertropische Konvergenzzone (ITCZ). Die ITCZ entsteht aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung am Äquator und zieht sich einmal um die ganze Erde. Sie ist bekannt für starke Wolkenbildung und intensive Regenfälle und verteilt Wärme und Feuchtigkeit weltweit. Dass die ITCZ allerdings nicht gleichförmig, sondern in sich sehr komplex und strukturiert ist, hatten unter anderem Forscher des MPI-M in einer Studie für den Atlantik gezeigt. 

Mit den acht ineinandergreifenden Messkampagnen im internationalen Projekt „ORCESTRA“ (Organized Convection and EarthCare Studies over the Tropical Atlantic) nimmt ein internationales Forschungsteam nun das Innenleben der atlantischen ITCZ genau unter die Lupe: Wie organisieren sich die Wolken im tropischen Regengürtel über dem Atlantik und wie beeinflussen diese Strukturen das Klima der Erde? Und umgekehrt: Was bedeutet die aktuelle Klimaerwärmung für die regionalen Regenmengen? „Die MPI-Forschenden gehen einer der großen Fragen der Atmosphären- und Klimaforschung auf den Grund, nämlich: Was kontrolliert die Struktur der tropischen Regengürtel und wie reagieren diese auf die globale Erwärmung?“, sagt Bjorn Stevens, einer der wissenschaftlichen Leiter des Projekts und Direktor des MPI-M.

Aktuelle Klimamodelle können die Veränderungen der ITCZ nur begrenzt vorhersagen. Deshalb ist es wichtig, die relevanten Prozesse besser zu verstehen. Hierbei sollen die Messungen von ORCESTRA helfen. Die Forscher nehmen dabei vor allem mesoskalige Prozesse in den Blick, also solche, die sich auf einer horizontalen Längenskala von einigen bis einigen hundert Kilometern abspielen und das Gesamtbild der ITCZ prägen.

Das MPI-M hat ORCESTRA initiiert und dessen wissenschaftliche Gesamtleitung inne. Vor Ort ist das Institut vor allem über die wissenschaftliche Leitung der Flugzeugkampagne „PERCUSION“ zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und anderen Forschungseinrichtungen, die unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt werden, involviert. Außerdem leitet es zusammen mit dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung die Schiffskampagne „BOW-TIE“ auf dem deutschen Forschungsschiff (FS) Meteor und ist auch an vielen weiteren Teilkampagnen beteiligt.

Die Einzelkampagnen sind aufeinander abgestimmt, sodass sich die konzertierten Messungen der unterschiedlichen Plattformen in optimaler Weise ergänzen. So ist ein wichtiger Teil des Projekts die Validierung des EarthCARE-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation ESA, welcher zusammen mit der Japanischen Raumfahrtbehörde JAXA entwickelt wurde, und der seit Ende Mai 2024 im Orbit ist. Zu diesem Zweck quert das vom DLR betriebene Forschungsflugzeug HALO die ITCZ synchron mit dem Satelliten. „Die Messungen werden helfen zu verstehen, wie wir globale Messsysteme wie EarthCARE für die Untersuchung von Regenbändern, Monsunen und tropischen Zyklonen verwenden können“, so Bjorn Stevens. 

Erste Messergebnisse lassen außerdem vermuten, dass die vertikale Struktur der Atmosphäre in der Region mit einigen Überraschungen aufwartet. Eine davon, so Stevens, sei das Ausmaß, in dem die Konvektion die mittlere Troposphäre in der Nähe der Null-Grad-Isotherme bevorzugt befeuchtet, was die Energiebilanz der Erde stark beeinflusst und damit auch die Reaktion der Erde auf die Erwärmung. Die Auswertung der Daten wird die Wissenschaftler noch einige Zeit nach der aktuellen Messkampagne beschäftigen – und wird dabei viele neue Erkenntnisse zutage fördern.

MPI-M / DE


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