Man kennt das Bild aus dem Wetterbericht: Im Satellitenfilm sind Wolkenformationen und andere Informationen zu erkennen, die für das Wetter eine entscheidende Rolle spielen. Doch bislang werden keine direkten Windinformationen erfasst. Mit dem europäischen Satelliten Aeolus soll sich das jetzt ändern: Die Mission ESA soll bis 2021 mit einem neuartigen und leistungsstarken Laser-System vertikale Windprofile erstellen und so zum ersten Mal hochgenau und zeitnah Daten zu globalen Windfeldern in der Atmosphäre messen. Wissenschaftler und Meteorologen können aus diesen Daten wichtige Informationen für ein besseres Verständnis unserer Wettersysteme und des Klimas gewinnen.
Abb.: Der Satellit Aeolus misst mithilfe eines Lasers atmosphärische Windprofile. (Bild: ESA / ATG Medialab)
Der 1,4 Tonnen schwere Erdbeobachtungssatellit ist am 22. August um 23.20 Uhr MESZ – 18.20 Uhr Ortszeit – an Bord einer Vega-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana erfolgreich gestartet. Er umkreist die Erde in einer Höhe von 320 Kilometern. Aeolus ist Bestandteil des „Living Planet“-Programms der ESA, bei dem Deutschland stärkster Partner und Beitragszahler ist. Die Raumfahrtagentur im DLR in Bonn steuert im Auftrag der Bundesregierung die deutschen ESA-Beiträge. „Mit der langjährigen und schwierigen Entwicklung des Lasersystems, das im ultravioletten Spektralbereich arbeitet, gelingt Europa ein technologischer und wissenschaftlicher Durchbruch“, erklärt Walther Pelzer, Vorstand der DLR-Raumfahrtagentur. „Ich freue mich, dass deutsche Expertise aus Industrie und Wissenschaft nicht nur den Weg für diesen Durchbruch geebnet hat, sondern auch einen entscheidenden Beitrag für einen wegweisenden Prototypen für künftige operationelle Systeme geleistet hat und damit auch Pläne der World Meteorological Organisation unterstützt.“
Mit Aeolus und insbesondere dem Laser-System Aladin kann die mittelfristige Wettervorhersage – also die Prognose von bis zu 15 Tagen im Voraus – erheblich verbessert werden. „Vor allem die genaue Kenntnis der Dynamik des Wetters in den Tropen und über dem Pazifik lässt eine zuverlässigere Vorhersage von starken und plötzlichen Stürmen in unseren Breitengraden zu“, sagt Albrecht von Bargen, DLR-Koordinator der deutschen Beiträge für die Nutzung der Aeolus-Daten. Bisher müssen sich die Wetterdienste bei ihren Vorhersagen auf vergleichsweise wenige und punktuelle Winddaten verlassen. Die Abdeckung über den Ozeanen, Afrika und Südamerika sowie den Polargebieten ist sehr gering. Viele Extremwetter wie etwa Orkane, die auch hohe Schäden in Deutschland und Europa verursachen können, entstehen zwischen den Subtropen und den subpolaren Breitengraden. Das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage wird die Aeolus-Daten verarbeiten und den europäischen Wetterdiensten zur Verfügung stellen. „Damit füllt Aeolus eine sehr wichtige Lücke“, so von Bargen.
Das Instrument Aladin – Atmospheric Laser Doppler Instrument – an Bord von Aeolus basiert auf der LIDAR-Technik, der Messung von Entfernungen und Eigenschaften der Atmosphäre mit Hilfe von Laserlicht. „Aladin schickt dabei kurze UV-Lichtimpulse zur Erdoberfläche. Mit einem Teleskop werden die an Molekülen, Wolken und Staubteilchen gestreuten Signale dann wieder eingesammelt und die Laufzeit der Strahlung und die Frequenz ausgewertet. Daraus lassen sich die globalen Windprofile vom Boden bis in Höhen von dreißig Kilometern ableiten“, erläutert Oliver Reitebuch vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. „Wir haben die technische und wissenschaftliche Funktionsweise mit einem Prototypen des LIDAR in mehreren Kampagnen mit unserem Forschungsflugzeug Falcon nachgewiesen.“
Schon vor dem Start der Satellitenmission konnten die DLR-Wissenschaftler damit Messdaten von einem Aladin-ähnlichen Instrument gewinnen, um damit die Erfassung der Windgeschwindigkeit zu demonstrieren und zu testen. Nach dem Start von Aeolus wollen Reitebuch und seine Kollegen die flugzeugbasierten Messungen fortsetzen und den Satelliten unterfliegen, um die Genauigkeit der Windmessung zu validieren.
DLR / RK