28.10.2013

Wind und Radar in Konkurrenz

Neues Feldstärkemesssystem soll gegenseitige Störungen von Windparks und Radaranlagen vorhersagen.

Forscher der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) haben gemeinsam mit FCS Flight Calibration Services  aus Braunschweig ein Messsystem entwickelt, das – an einem Helikopter hängend – die elektrische Feldstärke sowie die Signalinhalte von Navigationsanlagen der Flugsicherung mit bisher unerreichter Genauigkeit erfasst. Mit der Auswertung aufgezeichneter Messdaten ließe sich schon im Vorfeld besser klären, in welchem Ausmaß geplante Wind­energie­parks die Messdaten und die folgende Signalverarbeitung von benachbarten Radaranlagen der Flugsicherung, Luftverteidigung oder Wetter­beobachtung beeinflussen. Eine miniaturi­sierte und noch stark vereinfachte Version der Mess­anordnung absolviert bereits erste Testflüge auf einem Oktokopter.

Abb.: Der Oktokopter fliegt eine vorgegebene Route anhand von Wegpunktmarkierungen automatisch ab. Die auf ihm montierte Messsonde verfügt über drei orthogonal angeordnete Antennen und einen GPS-Empfänger. Der integrierte Mikroprozessor verarbeitet den Datenstrom des dreikanaligen HF-Empfängers sowie die GPS-Position und speichert diese Informationen zeitsynchron ab. (Bild: PTB)

Manchmal geraten gesellschaftlich und politisch gewollte Entwicklungen in Konkurrenz zueinander: Da bringt einerseits die Energie­wende den Bau zahlreicher Windparks mit sich, auf der anderen Seite sorgen die Radar­überwachung von Meteo­rologen, Flugsicherung und Bundeswehr für Sicherheit. Doch Radarwellen werden gestreut, wenn sie auf die zahlreichen Rotorblätter in einem großen Windpark treffen, und können dann die Nutzdaten so stark überlagern, dass der Sensor falsche Informationen liefert. So manches Wind­energie­projekt liegt zurzeit auf Eis, weil die Betreiber der Radar­anlagen externe Gutachten, die auf reinen Simulations­modellen basieren, vielfach nicht mehr akzeptieren. Denn die Simulation der Wellen­ausbreitung setzt zahlreiche Annahmen voraus, die sich bisher nicht durch Messungen verifizieren ließen. Das neue Mess­system kann die grundlegenden Daten für Simulationsmodelle liefern und hierdurch Gutachtern helfen, mit verbesserter Modellierung daraus verlässlichere Prognosen für Genehmigungs­behörden abzuleiten.

Herzstück der Technik ist ein gemeinsam entwickeltes Antennen- und Empfangssystem. In seiner bisherigen Ausführung hängt es unter einem Helikopter und kann an beliebigen Punkten im Raum die elektro­magnetische Feldstärke messen und zeit­synchron Messdaten und Ort (GPS mit Unterstützung durch EGNOS) mit sehr hoher Abtastrate speichern. Erfolgreiche Tests haben bereits gezeigt, dass es das für die einwandfreie Signal­übertragung, z. B. zwischen einem Instrumenten­landesystem und einem Flugzeug, notwendige elektro­magnetische Fernfeld so genau messen kann, wie es die Internationale Zivil­luftfahrt­organisation ICAO vorschreibt. Die Messung wird auf das Internationale Einheiten­system SI zurückgeführt und damit erst vergleichbar gemacht. Bisher konnte das niemand in Europa.

Dieses Antennen­system haben Thorsten Schrader, Leiter des PTB-Fachbereichs Hochfrequenz und Felder, und Kollegen nun miniaturisiert auf einem Oktokopter montiert, einem etwa 80 cm breiten und acht Rotoren tragenden Mini­hubschrauber. Auf solchen Flug­geräten könnte der Sensor in Zukunft an Orten mit bereits existierenden oder geplanten Wind­parks zum Einsatz kommen und Daten zur Feldstärke und zu veränderten Signal­inhalten an frei wählbaren Koordinaten über beliebig lange Zeiträume ermitteln. Die Forscher wollen damit in einem ersten Schritt die durch Wind­energie­anlage hervorgerufene zeit­dynamische Veränderung der elektro­magnetischen Wellen­ausbreitung messtechnisch erfassen, analysieren und in eine möglichst einfache Modell­bildung des elektro­magnetischen Übertragungs­kanals einfließen lassen.

Der innovative Ansatz dieses Projektes (WERAN – Wechsel­wirkung Wind­energie­anlagen und Radar/Navigation) besteht darin, die komplexe Einschätzung von Radar­störungen durch Wind­parks in messtechnisch erfassbare Zwischen­schritte aufzuteilen und nur physikalisch kompatible Größen aus numerischen Simulationen und Messungen miteinander zu vergleichen.

PTB / CT

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