23.07.2015

Windräder stören Funkfeuer

Braunschweiger Miniatur-Flughafen erweitert, um Beein­träch­tigung von Flug­zeug­navi­gations­signalen zu unter­suchen.

Ein Forschungsteam der TU Braunschweig untersucht das Störpotenzial von Wind­energie­anlagen für die Flugzeugnavigation. Da Signale von Drehfunk­feuern nicht verfälscht werden dürfen, sollen in ihrem Umkreis in der Regel keine Windräder stehen. Mithilfe ihres Miniatur­flughafens im Maßstab 1:144 wollen die Braun­schweiger nun erstmals belastbare Ergebnisse vorlegen.

Abb.: Mit dem skalierten Drehfunkfeuer bei 16 GHz sollen Störungen von sich drehenden Windrädern im Maßstab 1:144 gemessen werden. (Bild: TU BS)

Drehfunkfeuer zählen zu den ältesten technischen Navigations­systemen in der Luft­fahrt. Von der Erde senden sie Funk­signale aus, die Flug­zeugen als elektronischer Kompass dienen. Obwohl ihre Aufgabe zunehmend von anderen Einrich­tungen, wie beispiels­weise der Satelliten­navigation, übernommen wird, sind sie als redundantes System nach wie vor wichtig. Deshalb gibt es strenge interna­tionale Empfehlungen und sich darauf gründende Verfahren, die für einen sicheren Betrieb sorgen sollen. Unter anderem führen diese in der Regel dazu, dass Wind­energie­anlagen in einem Umkreis von rund fünfzehn Kilo­metern um die Sende­anlagen keine Baugeneh­migung erhalten.

„Verlässliche Aussagen über das tatsächliche Störpotenzial von Wind­energie­anlagen gibt es bis heute nicht. Aufgrund der Komplexität des Problems kann man allenfalls grobe Simulations­rechnungen anstellen und die Alter­native mittels klassischer Flugver­messung ist schon zeitlich und kosten­mäßig in der Praxis kaum durch­führbar“, erklärt Projekt­leiter Robert Geise vom Institut für Elektro­magnetische Verträg­lichkeit der TU Braun­schweig. Geise und seine Kollegen sehen die Lösung in der Verklei­nerung der Mess­umgebung. Im Maßstab 1:144 erweitern die Wissen­schaftler ihren Miniflughafen um Dreh­funkfeuer und Windparks.

Geise erläutert: „In dieser flexiblen Umgebung können Messungen mit geringem Aufwand für die benötige Vielzahl von Windparkzuständen mit den wichtigen Faktoren wie etwa der Windrad­geometrie, der Drehzahl und der Gelände­topologie durchgeführt werden.“ Anschließend führen die Experten des Instituts für Flugführung der TU Braunschweig eine finale Verifi­kation mit ihrem Forschungs­flugzeug an realen Windparks durch. Dabei, so der Projektleiter, sollen vor allem unterschiedliche, als kritisch identi­fizierte Windpark­zustände überprüft werden. Ist das Forschungs­team aus Experten der Elektro­technik und der Flug­führung erfolg­reich, legen sie erstmals gültige, zuver­lässige und damit auch juris­tisch hilfreiche Ergebnisse für das Stör­potenzial der Windräder vor.

Das Vorhaben könnte die Grundlagen für ein besseres Bewertungs­verfahren schaffen, das beim Ausbau erneuer­barer Energien im Bereich der Windkraft zu mehr Planungssicherheit führte, erläutert Sebastian Willmann, Geschäfts­führer der Koordi­nierungs­stelle Winde­nergie­recht k:wer an der TU Braunschweig. „Je nach Bemessungs­grundlage geht man von mehreren hundert Megawatt Ausbau­leistung aus, die aufgrund des gegenwärtig prakti­zierten Vorgehens nicht umgesetzt werden können. Das Forschungs­projekt könnte nun metho­disch einwand­freie und wissen­schaftlich belastbare Ergebnisse liefern“, erklärt Willmann und fügt an: „Ein neues Bewertungs­verfahren könnte auf Seiten aller Beteiligten zu mehr Handlungs- und damit Rechts­sicher­heit führen, ein Kern­anliegen unserer Koordi­nierungs­stelle.“

Das Forschungsprojekt Miniaturisiertes VHF Omnidirectional Radio­range und Wind­räder min-VOR-Win wird unter der Leitung des Instituts für Elektro­magne­tische Verträglichkeit zusammen mit dem Institut für Flug­führung der TU Braun­schweig bis zum Ende des Jahres 2017 durchgeführt, gefördert mit rund 700.000 Euro durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. In dem vorange­gangen Projekt „Skaliertes Instru­menten-Lande-System“ entwickelte und validierte die Arbeits­gruppe des IEMV den Miniatur­flughafen, um skalierte Lande­anflüge in einem Zeit­raum von nur neunzig Sekunden über die gesamte Anflug­distanz – siebzig Meter beziehungs­weise zehn Kilo­meter in der Realität – nach­stellen zu können. Damit unter­suchten sie, wie Gebäude an Flug­häfen oder Flugzeuge nahe der Lande­bahn Signale des ILS ablenken und dadurch verfälschen.

TU BS / OD

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