Wo bleiben Bildung und Forschung?
In der EU-Kommission soll künftig Mariya Gabriel das Ressort „Innovation und Jugend“ verantworten.
Ab November soll es in der EUKommission von Präsidentin Ursula von der Leyen nach 20 Jahren wieder ein gemeinsames Ressort für Forschung und Bildung geben. Für seine Leitung ist die Bulgarin Mariya Gabriel vorgesehen, die unter JeanClaude Juncker Kommissarin für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft war. Ihr neuer Verantwortungsbereich umfasst in etwa die vormaligen Ressorts „Forschung, Wissenschaft und Innovation“ sowie „Bildung, Kultur, Jugend und Gesellschaft“. Auf breite Kritik trifft die eher plakative Bezeichnung als „Kommissariat für Innovation und Jugend“.
Sowohl die Allianz der Wissenschaftsorganisationen und die Hochschulrektorenkonferenz als auch die DPG und weitere Fachgesellschaften begrüßen, dass Bildung, Forschung und Innovation nun zu einem Ressort gehören. Allerdings sei es gerade in Zeiten einer wachsenden Wissenschaftsskepsis ungeschickt, die Schlagworte Bildung und Wissenschaft nicht im Titel zu berücksichtigen. In seiner Rede zum Tag der DPG im Physikzentrum Bad Honnef betonte DPG-Präsident Dieter Meschede, dass darunter die öffentliche Sichtbarkeit von Bildung und Forschung leiden könnte. Beide seien aber „die zentralen Bausteine für den Meinungsbildungsprozess in unserer Gesellschaft und damit für unsere Demokratie“.
Die einseitige Konzentration auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Forschung durch den Begriff „Innovation“ stört die Verfasser eines offenen Briefes an die designierte Präsidentin von der Leyen ebenso wie der Begriff „Jugend“. Dieser impliziere, dass Bildung nur für junge Leute wichtig sei, und ignoriere die Notwendigkeit lebenslangen Lernens. Überdies könnte der breite Zuschnitt des Ressorts dazu führen, die zentrale Rolle der Grundlagenforschung zu vernachlässigen: Der Europäische Forschungsrat ERC kommt in der Aufgabenbeschreibung der Kommissarin nicht vor. Mehr als 13.000 Personen haben bisher den offenen Brief unterzeichnet, der dazu auffordert, den Zuschnitt des Ressorts entsprechend zu schärfen und den Titel anzupassen.
Kerstin Sonnabend
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