Woher der Smog kommt
Messverfahren kann unterschiedliche Quellen von Feinstaub im Großraum Peking identifizieren.
Luftverschmutzung verursacht – nach Schätzungen verschiedener Studien – jährlich weltweit mehrere Millionen Todesfälle. Um Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu ergreifen, ist es wichtig zu wissen, woher die Schadstoffe stammen. Die genauen Quellen dieser Schadstoffe zu lokalisieren, ist jedoch nach wie vor eine Herausforderung. Diese Hürde hat nun ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Kaspar Dällenbach, Umwelt-Naturwissenschaftler am Paul Scherrer Institut PSI in Zusammenarbeit mit der Beijing University of Chemical Technology und der Universität Helsinki überwunden. Mithilfe einer neuen Methode untersuchten die Forscher den Smog über Peking. Sie stellten fest, dass die Schadstoffe, die den Smog über der Metropole ausmachen, im Sommer und im Winter aus jeweils unterschiedlichen Quellen und Regionen stammen. Dazu setzten sie ein neues, mobil einsetzbares Aerosol-Massenspektrometer ein. „Mit diesem neuen Ansatz können wir Smog auf molekularer Ebene analysieren und so seine Quellen und seine Entstehung in bislang unerreichtem Detail verstehen“, erklärt Dällenbach.
Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit ist überall dort gravierend, wo eine hohe Schadstoffbelastung auf eine sehr große Bevölkerungszahl trifft – wie etwa im ostchinesischen Mega-Ballungsraum im Umkreis von rund 600 Kilometer um Peking. Wegen der großen Zahl der betroffenen Menschen hält es Dällenbach für besonders wichtig, den berüchtigten Smog in Chinas Hauptstadt genauer zu untersuchen, um damit die Datenbasis über Maßnahmen für die Verbesserung der Luftqualität zu erweitern. Denn obwohl die Region den Ausstoß von Schadstoffen, etwa Schwefeldioxid aus der Kohleverbrennung, reduziert hat, ist ein großer Teil der Bevölkerung des Landes nach wie vor einer schlechten Luftqualität ausgesetzt. Es ist jedoch extrem anspruchsvoll, die Herkunft der Schadstoffe zu ermitteln, da sich deren Zusammensetzung auf ihrem langen Weg durch die Atmosphäre durch chemische Reaktionen stetig verändert. Das Signal, das an einer Messstation ankommt, ist verwaschen und die Ursprungsmoleküle und damit die Verschmutzungsquellen lassen sich nur noch schwer ermitteln.
Um herauszufinden, woher die Schadstoffe stammen, sammelten die Forscher in einem vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Projekt auf dem Dach der Beijing University of Chemical Technology Luftdaten und verglichen die Quellen des Smogs im Sommer und Winter. Dabei kam ein neuartiges Massenspektrometer zum Einsatz, das die molekulare Zusammensetzung des Feinstaubs in der Außenluft in Echtzeit analysieren kann. Mit diesen molekularen Informationen ist es möglich, die Verschmutzungsquellen zu identifizieren. Die Forscher unterscheiden zwischen primärem Feinstaub – also ausgestoßenen festen und flüssigen Schwebeteilchen – und sekundären Aerosolen – Schwebeteilchen, die sich auf dem Weg durch die Atmosphäre gebildet haben. Letztere sind in Peking besonders wichtig.
Dällenbach und seine Mitarbeiter entdeckten, dass die Quellen von Feinstaub weit über die Hauptstadt hinausreichen und dass die Emissionen im Sommer und im Winter durch chemisch und geografisch unterschiedliche Quellen verursacht werden. Im Winter stammt der sekundäre organische Feinstaub aus der Verbrennung von Holz und Kohle und hauptsächlich aus der Großregion Peking-Tianjin-Hebei. Im Sommer bei Luftströmungen aus dem Süden herrschen hingegen städtische Emissionen zum Beispiel aus dem Verkehr und der Industrie vor, die vermutlich aus dem Gürtel Xi'an-Shanghai-Peking stammen.
„Unsere Arbeit belegt, dass wir uns zwar auf die Verschmutzung innerhalb Pekings konzentrieren, der Smog jedoch ein großräumiges regionales Phänomen ist, bei dem Feinstaub über Hunderte von Kilometern transportiert wird“, erklärt Dällenbach. Um die Luftverschmutzung zu reduzieren, seien daher koordinierte und groß angelegte Maßnahmen im gesamten Mega-Ballungsraum um Peking erforderlich. Mit den entwickelten Methoden arbeiten Dällenbach und seine Forschungsgruppe auch daran, Smog in Europa, aber auch in unterrepräsentierten Ballungsräumen im globalen Süden zu verstehen.
PSI / DE