Zuviel Licht durch kleine Löcher?
Eine neue mikroskopische Theorie erklärt, warum ein Metallfilm mit periodisch angeordneten Nanolöchern unter bestimmten Bedingungen erheblich mehr Licht durchlässt, als es die Aperturtheorie der Optik voraussagt.
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Ein Metallfilm mit periodisch angeordneten Nanolöchern lässt unter bestimmten Bedingungen erheblich mehr Licht durch, als es die Aperturtheorie der Optik voraussagt. Diese „außergewöhnliche optische Transmission“ (extraordinary optical transmission, EOT) besitzt eine Vielzahl möglicher Anwendungen in der Optoelektronik. Ein französisch-chinesisches Forscherduo präsentiert nun in der Fachzeitschrift Nature erstmals eine mikroskopische Theorie zur Beschreibung des Phänomens.
„Unser Modell erklärt die Physik des EOT-Phänomens auf mikroskopischer Skala“, schreiben Hatao Liu von der Nankai Universität in Tianjin und Philippe Lalanne von der Universität Paris-Süd, „und eine solche Beschreibung könnte sich als hilfreich bei der Entwicklung von nanoplasmonischen Geräten erweisen.“
Bei einer typischen Anordnung fällt optisches Licht auf einen Metallfilm mit regelmäßig angeordneten Löchern. Der Durchmesser dieser Löcher ist dabei deutlich geringer als die Wellenlänge des auftreffenden Lichts. Während die Apperturtheorie in einer solchen Situation eine Transmission im Prozentbereich vorhersagt, werden im Experiment tatsächlich Transmissionen beobachtet, die größer sind als es der Fläche der Löcher entspricht.
„Die klassische elektromagnetische Theorie liefert über eine Entwicklung nach Eigenfunktionen zwar eine globale Beschreibung des Phänomens“, erklärt Lalanne, „aber diese Beschreibung sagt uns nicht, was wirklich physikalisch an den Löchern passiert.“ Diese Lücke konnten Lalanne und sein Kollege Liu nun mit ihrem neuen theoretischen Ansatz schließen.
Die beiden Forscher betrachten dabei als elementaren Prozess die Streuung von Oberflächen-Plasmonen-Polaritonen (surface plasmon polaritons, SPP) an den Löchern des Metallfilms. Bei den SPPs handelt es sich um Oberflächenwellen, eingefangene elektromagnetische Strahlung gewissermaßen, die sich durch die Wechselwirkung mit den freien Elektronen in dem Metall bilden. Die Oszillationen sind deshalb stark von der Oberflächenstruktur des Metallfilms abhängig. Durch die regelmäßig angeordneten Löcher kommt es zu Resonanzen, die letztlich zu einer Verstärkung des Strahlungsflusses durch die Löcher führen.
Allerdings, so zeigt die Analyse von Liu und Lalanne, reicht der Einfluss der Oberflächen-Plasmonen-Polaritonen nicht aus, um die außergewöhnliche optische Transmission vollständig zu erklären. In Extremfällen liefern die SPPs sogar nur rund die Hälfte der im Experiment beobachteten Strahlung hinter der Lochmaske.
Als zweiten Effekt identifizierten die beiden Forscher quasizylindrische Wellen, die sich an den Löchern bilden und über mehrere Wellenlängen hinweg erstrecken. Entscheidend ist dabei, dass die Phasendifferenz zwischen den beiden Effekten gering ist und sich die Wellen deshalb nahezu konstruktiv überlagern können. „Um die außergewöhnliche optische Transmission mikroskopisch zu erklären, benötigen wir also zwei unterschiedliche Oberflächenwellen auf dem Metallfilm“, fasst Lalanne zusammen. Diese mikroskopische Beschreibung könnte nun, so die Hoffnung der Forscher, zu neuen Ansätzen für die technische Nutzung des EOT-Effektes führen.
Rainer Kayser
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Haitao Liu und Philippe Lalanne, Microscopic theory of the extraordinary optical transmission, Nature 452, 728 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/nature06762 - Universität Nankai:
http://www.nankai.edu.cn/english/ - Universität Paris-Süd:
http://www.u-psud.fr/en/index.html