Zwei Teilchen? Drei Teilchen!
Magnetischer Drei-Teilchen Zustand in einem Hochtemperatur-Supraleiter entdeckt.
Ganz vereinfacht reichen zwei geladene Teilchen, um die Welt zu erklären: Die Teilchen stoßen sich ab oder ziehen sich an. Das gilt zum Beispiel für ein Ion und ein Elektron. Auf dieser physikalischen Basis bilden sich auch Moleküle und große Festkörper. Jetzt haben Wissenschaftler einen Drei-Teilchen-Zustand entdeckt – genauer gesagt: Sie haben ihn in einem speziellen Material berechnet. Die Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der TU Dortmund und dem Los Alamos National Laboratory zeigen auch, wie der Drei-Teilchen-Zustand in einem Experiment nachgewiesen werden kann: mit Röntgenstrahlen. In Zukunft könnte die magnetische Dreiergruppe sogar zu einer Technologie für Quantencomputer wachsen.
„Die Vorhersage dieser Drei-Teilchen-Zustände hat eine fundamentale Bedeutung, weil sich ihre Bindungskraft grundsätzlich von den bisherigen bekannten Mechanismen unterscheidet. Durch die Entdeckung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir noch exotischere Zustände finden: So könnten sich zum Beispiel ganze Ketten von magnetischen Anregungen formen“, erklärt Benedikt Fauseweh, vom DLR-Institut für Softwaretechnologie in Köln. Die Ketten könnten später zu Qubits „verknotet“ werden.
Die Informationen wären in den einzelnen „Strings“ gespeichert. Und die Rechenoperationen würden dann in den „Knoten“ der Strings durchgeführt. Die Knoten sind in der Quantenwelt außergewöhnlich stabil. Deswegen gelten topologische Quantencomputer, die auf dieser Grundidee beruhen, als widerstandsfähig gegen äußere Störungen. Das ist ein Vorteil gegenüber anderen Technologien für Quantencomputer.
Zwei Jahre haben die Wissenschaftler an der Berechnung der Drei-Teilchen-Zustände in Hochtemperatur-Supraleitern gearbeitet. Die Forscher geben auch eine Anleitung, wie die Zustände praktisch nachgewiesen werden können: Durch Experimente mit Röntgenstrahlung sollen die drei aneinander gebundenen Teilchen sichtbar werden. „Die Röntgenstrahlung wird vom Material aufgenommen und überträgt Energie auf die Atome. Wenn dabei ein Drei-Teilchen-Zustand erzeugt wird, ist eine besonders starke Streuung der Strahlung messbar“, sagt Fauseweh.
Die Drei-Teilchen-Zustände sind auch für die Grundlagenforschung hochinteressant: Wenn der Nachweis mit Röntgenstrahlen gelingt, wäre das eine vielversprechende experimentelle Möglichkeit, mehr über Quantenmaterialien zu lernen. Gleichzeitig können mögliche Effekte dieser starken Bindung in Hochtemperatur-Supraleitern beobachtet werden. „Spannend wäre es zum Beispiel, wenn die Drei-Teilchen-Zustände einen wichtigen Einfluss auf die Supraleitung und ihre Sprungtemperatur haben“, so Fauseweh.
DLR / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
G. Schmiedinghoff et al.: Three-body bound states in antiferromagnetic spin ladders, Commun. Phys. 5, 218 (2022); DOI: 10.1038/s42005-022-00986-0 - High-Performance Computing, Institut für Softwaretechnologie, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Köln
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