04.10.2022 • Quantenphysik

Zwei Teilchen? Drei Teilchen!

Magnetischer Drei-Teilchen Zustand in einem Hochtemperatur-Supraleiter entdeckt.

Ganz vereinfacht reichen zwei geladene Teilchen, um die Welt zu erklären: Die Teilchen stoßen sich ab oder ziehen sich an. Das gilt zum Beispiel für ein Ion und ein Elektron. Auf dieser physi­ka­lischen Basis bilden sich auch Moleküle und große Festkörper. Jetzt haben Wissen­schaftler einen Drei-Teilchen-Zustand entdeckt – genauer gesagt: Sie haben ihn in einem speziellen Material berechnet. Die Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der TU Dortmund und dem Los Alamos National Laboratory zeigen auch, wie der Drei-Teilchen-Zustand in einem Experiment nach­ge­wiesen werden kann: mit Röntgen­strahlen. In Zukunft könnte die magnetische Dreiergruppe sogar zu einer Technologie für Quanten­computer wachsen.

Abb.: Drei-Teilchen-Zustand und Röntgen­strahlung. (Bild: TU Dortmund)
Abb.: Drei-Teilchen-Zustand und Röntgen­strahlung. (Bild: TU Dortmund)

„Die Vorhersage dieser Drei-Teilchen-Zustände hat eine funda­mentale Bedeutung, weil sich ihre Bindungs­kraft grund­sätzlich von den bisherigen bekannten Mechanismen unterscheidet. Durch die Entdeckung steigt die Wahr­schein­lich­keit, dass wir noch exotischere Zustände finden: So könnten sich zum Beispiel ganze Ketten von magnetischen Anregungen formen“, erklärt Benedikt Fauseweh, vom DLR-Institut für Software­technologie in Köln. Die Ketten könnten später zu Qubits „verknotet“ werden.

Die Informationen wären in den einzelnen „Strings“ gespeichert. Und die Rechen­opera­tionen würden dann in den „Knoten“ der Strings durch­ge­führt. Die Knoten sind in der Quantenwelt außer­ge­wöhnlich stabil. Deswegen gelten topo­lo­gische Quanten­computer, die auf dieser Grundidee beruhen, als wider­stands­fähig gegen äußere Störungen. Das ist ein Vorteil gegenüber anderen Techno­logien für Quanten­computer.

Zwei Jahre haben die Wissen­schaftler an der Berechnung der Drei-Teilchen-Zustände in Hoch­temperatur-Supra­leitern gearbeitet. Die Forscher geben auch eine Anleitung, wie die Zustände praktisch nach­ge­wiesen werden können: Durch Experi­mente mit Röntgen­strahlung sollen die drei anein­ander gebundenen Teilchen sichtbar werden. „Die Röntgen­strahlung wird vom Material aufge­nommen und überträgt Energie auf die Atome. Wenn dabei ein Drei-Teilchen-Zustand erzeugt wird, ist eine besonders starke Streuung der Strahlung messbar“, sagt Fauseweh.

Die Drei-Teilchen-Zustände sind auch für die Grund­lagen­forschung hoch­interes­sant: Wenn der Nachweis mit Röntgen­strahlen gelingt, wäre das eine viel­ver­sprechende experi­mentelle Möglichkeit, mehr über Quanten­materialien zu lernen. Gleich­zeitig können mögliche Effekte dieser starken Bindung in Hoch­temperatur-Supra­leitern beobachtet werden. „Spannend wäre es zum Beispiel, wenn die Drei-Teilchen-Zustände einen wichtigen Einfluss auf die Supra­leitung und ihre Sprung­temperatur haben“, so Fauseweh.

DLR / RK

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