Extrem schnelle Prozesse in physikalischen oder biologischen Systemen lassen sich elegant mit zwei aufeinander folgenden Laserpulsen über die Pump-Probe-Technik analysieren. Diese Methode lässt sich nun mit Freie-Elektronen-Lasern auf den Röntgenbereich erweitern. Dazu entwickelten Alberto Lutman und seine Kollegen vom SLAC National Accelerator Laboratory in den USA eine Technik, um intensive, kurze Röntgenpulse verschiedener Energien kontrolliert zu erzeugen.
Abb.: Struktur eines verformten Elektronenpakets, mit dem kurz aufeinander folgende Röntgenpulse verschiedener Energien erzeugt werden können. (Bild: A.A. Lutman et al., SLAC)
„Zweifarbige Röntgenpulse sind von großem Interesse, um eine Vielzahl von Problemen untersuchen zu können“, sagt Lutman. Um dieses Ziel zu erreichen, veränderte er mit seinen Kollegen den Aufbau des Freie-Elektronen-Lasers Linac Coherent Light Source. Durch die geschickte Anordnung von Magnetstrukturen konnten sie die Flugbahnen von Elektronenpaketen kontrolliert beeinflussen. Dank der veränderten Flugbahnen sendeten die Elektronenpakete in kurzer Folge intensive Röntgenpulse mit verschiedenen Energien zwischen 639 und 788 Elektronenvolt aus.
In dem modifizierten Freie-Elektronen-Laser flogen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Elektronenpakete mit Energien zwischen 2,5 und 17 GeV zuerst an etwa zwei Meter langen Aluminium-Modulen vorbei. In dieser Dechirper-Einheit wirkte ein Wellenfeld, mit dem die Elektronenpakete etwas aus ihrer idealen geraden Flugbahn gelenkt wurden. Der vordere Teil des Elektronenpakets blieb auf der geraden Flugbahn, der hintere Bereich wurde etwas von dieser entfernt. Danach flogen die verformten Elektronenpakete durch mehrere Meter lange Undulatoren, die abhängig von ihrem Aufbau verschiedene magnetische Wechselfelder erzeugten. So konnten die Elektronenpakete auf eine schlangenförmige Flugbahn gezwungen werden.
Abb.: Aufbau eines Freie-Elektronen-Lasers für mehrfarbiges Röntgenlicht. (Bild: A.A. Lutman et al., SLAC)
„Die Elektronen wackeln im Undulator und emittieren Licht, dessen Wellenlänge von der Energie des Elektronenpakets, der Periodizität des Magnetfelds und von der Feldstärke abhängen“, erläutert Lutman. So bildet die geschlängelte Flugbahn die Grundlage, um die Elektronenpakete zu einer sich selbst verstärkenden Aussendung von kurzen Röntgenlaserpulsen anzuregen. Auf ihr basiert der Laser-Effekt aller Freie-Elektronen-Laser. Da die Undulator-Magnetfelder entweder auf den vorderen oder den hinteren Bereich der Elektronenpakete angepasst waren, wurden Röntgenpulse mit verschiedenen Energien erzeugt. In ihren Experimenten konnten die Forscher kurz aufeinander folgende Röntgenpulse mit zwei bis drei verschiedenen Energien erzeugen.
Da für Pump-Probe-Untersuchungen auch der Zeitabstand der Laserpulse eine zentrale Rolle spielt, ergänzten Lutman und seine Kollegen zwischen den Undulatoren eine magnetische Schikane, die zu einer kontrollierten Verzögerung der Lichtemission führte. Der Freie-Elektronen-Laser emittierte zwischen fünf und zwanzig Femtosekunden kurze Pulse mit einer enormen Intensität von bis zu 492 Mikrojoule, die dank der Schikane einen zeitlichen Abstand von bis zu neunhundert Femtosekunden zeigten.
Mit solchen modifizierten Freie-Elektronen-Lasern können nun mehrfarbige Röntgenpulse in kurzen zeitlichen Abständen mit einer zuvor unerreichten Intensität erzeugt werden. Das erweitert deutlich die Spektroskopie-Methoden, bei denen Elektronen auf kernnahen Orbitalen angeregt werden. Dank der kontrollierbaren Zeitstruktur der Röntgenpulse eignen sie sich ideal für die Analyse schneller physikalischer oder biologischer Prozesse und Pump-Probe-Experimente. Nach den ersten Versuchsläufen an dem kalifornischen Freie-Elektronen-Laser ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch an ähnlichen Röntgenlasern wie etwa am FLASH in Hamburg diese Methode für mehrfarbiges Röntgenlicht in Zukunft angewendet wird.
Jan Oliver Löfken
RK