25.10.2016

Zweifarbige Röntgenpulse

Pump-Probe-Technik entlockt Freie-Elektronen-Laser Röntgen­pulse mit ver­schie­denen Energien

Extrem schnelle Prozesse in physikalischen oder biologischen Systemen lassen sich elegant mit zwei auf­ein­ander folgenden Laser­pulsen über die Pump-Probe-Technik analy­sieren. Diese Methode lässt sich nun mit Freie-Elek­tronen-Lasern auf den Röntgen­bereich erweitern. Dazu entwickelten Alberto Lutman und seine Kollegen vom SLAC National Accele­rator Labora­tory in den USA eine Technik, um inten­sive, kurze Röntgen­pulse verschie­dener Energien kontrol­liert zu erzeugen.

Abb.: Struktur eines verformten Elektronen­pakets, mit dem kurz auf­ein­ander folgende Röntgen­pulse verschie­dener Energien erzeugt werden können. (Bild: A.A. Lutman et al., SLAC)

„Zweifarbige Röntgenpulse sind von großem Interesse, um eine Viel­zahl von Problemen unter­suchen zu können“, sagt Lutman. Um dieses Ziel zu er­reichen, verän­derte er mit seinen Kollegen den Auf­bau des Freie-Elek­tronen-Lasers Linac Coherent Light Source. Durch die geschickte Anord­nung von Magnet­struk­turen konnten sie die Flug­bahnen von Elek­tronen­paketen kontrol­liert beein­flussen. Dank der verän­derten Flug­bahnen sendeten die Elek­tronen­pakete in kurzer Folge inten­sive Röntgen­pulse mit verschie­denen Energien zwischen 639 und 788 Elek­tronen­volt aus.

In dem modifizierten Freie-Elektronen-Laser flogen fast bis auf Licht­geschwin­dig­keit beschleu­nigte Elek­tronen­pakete mit Energien zwischen 2,5 und 17 GeV zuerst an etwa zwei Meter langen Alu­minium-Modulen vorbei. In dieser Dechirper-Einheit wirkte ein Wellen­feld, mit dem die Elek­tronen­pakete etwas aus ihrer idealen geraden Flug­bahn gelenkt wurden. Der vordere Teil des Elek­tronen­pakets blieb auf der geraden Flug­bahn, der hintere Bereich wurde etwas von dieser ent­fernt. Danach flogen die ver­formten Elek­tronen­pakete durch mehrere Meter lange Undula­toren, die abhängig von ihrem Auf­bau verschie­dene magne­tische Wechsel­felder erzeugten. So konnten die Elek­tronen­pakete auf eine schlangen­förmige Flug­bahn gezwungen werden.

Abb.: Aufbau eines Freie-Elektronen-Lasers für mehr­farbiges Röntgen­licht. (Bild: A.A. Lutman et al., SLAC)

„Die Elektronen wackeln im Undulator und emittieren Licht, dessen Wellen­länge von der Energie des Elek­tronen­pakets, der Perio­di­zität des Magnet­felds und von der Feld­stärke abhängen“, erläutert Lutman. So bildet die geschlän­gelte Flug­bahn die Grund­lage, um die Elek­tronen­pakete zu einer sich selbst verstär­kenden Aus­sendung von kurzen Röntgen­laser­pulsen anzu­regen. Auf ihr basiert der Laser-Effekt aller Freie-Elek­tronen-Laser. Da die Undu­lator-Magnet­felder entweder auf den vorderen oder den hinteren Bereich der Elek­tronen­pakete ange­passt waren, wurden Röntgen­pulse mit verschie­denen Energien erzeugt. In ihren Experi­menten konnten die Forscher kurz aufein­ander folgende Röntgen­pulse mit zwei bis drei verschie­denen Energien erzeugen.

Da für Pump-Probe-Untersuchungen auch der Zeitabstand der Laser­pulse eine zentrale Rolle spielt, ergänzten Lutman und seine Kollegen zwischen den Undula­toren eine magne­tische Schikane, die zu einer kontrol­lierten Verzö­gerung der Licht­emission führte. Der Freie-Elek­tronen-Laser emit­tierte zwischen fünf und zwanzig Femto­sekunden kurze Pulse mit einer enormen Inten­sität von bis zu 492 Mikro­joule, die dank der Schikane einen zeit­lichen Abstand von bis zu neun­hundert Femto­sekunden zeigten.

Mit solchen modifizierten Freie-Elektronen-Lasern können nun mehr­farbige Röntgen­pulse in kurzen zeit­lichen Abständen mit einer zuvor uner­reichten Inten­sität erzeugt werden. Das erweitert deut­lich die Spektro­skopie-Methoden, bei denen Elek­tronen auf kern­nahen Orbi­talen ange­regt werden. Dank der kontrol­lier­baren Zeit­struktur der Röntgen­pulse eignen sie sich ideal für die Analyse schneller physika­lischer oder biolo­gischer Prozesse und Pump-Probe-Experi­mente. Nach den ersten Versuchs­läufen an dem kalifor­nischen Freie-Elek­tronen-Laser ist es nicht unwahr­schein­lich, dass auch an ähn­lichen Röntgen­lasern wie etwa am FLASH in Hamburg diese Methode für mehr­farbiges Röntgen­licht in Zukunft ange­wendet wird.

Jan Oliver Löfken

RK

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