Zwischen Megatrends und Marktkonsolidierung
2017 als weiteres Rekordjahr für die Vakuumtechnologie.
Für die Vakuumbranche wird das gerade zu Ende gegangene Jahr als ein sehr bewegtes in Erinnerung bleiben. Im Wesentlichen waren drei Themen prägend. Zunächst lässt sich feststellen, dass der Bedarf an Vakuumtechnologien seit Jahren stetig steigt und in 2017 als drittes Jahr in Folge den meisten Unternehmen Rekordumsätze geliefert hat. Die hohen jährlichen Umsatzsteigerung basieren im Wesentlichen auf den steigenden Investitionen im Halbleiterbereich (SEMI), die durch die sogenannten Megatrends getrieben werden: „Cognitive Era“, „Big Data“ und „Data Mining“, sowie Encryption und Security, „Connectivity & Convergence“, „Connected Living“, und „Future of Mobility“ mit den Bereichen „E-Mobility“ und „Connected Cars“.
Abb.: Die meisten der dreizehn, die Marktentwicklung beeinflussenden Megatrends geben auch der Vakuumbranche Aufschwung. (Bild: Workshop Frost & Sullivan 2017)
Hier ist insbesondere der Trend von Maschine-to-Maschine (MtM) über das Internet-of-Things (IoT) hin zum Internet-of-Everything (IoE) zu beachten. Hochrechnungen zufolge besteht in den Ballungsgebieten mit ca. acht bis zehn Remote-Access-Geräten pro Haushalt, fünf bis sechs mobilen Geräten pro Person und etwa 625 Internetapplikationen pro Quadratkilometer eine immense Nachfrage nach Servern, Speichern und Sensoren. Bis 2025 erwartet man bis zu 100 Milliarden Systeme weltweit. Der Halbleitermarkt hat 2017 mit einem Wachstum von über 15 Prozent 420 Milliarden US-Dollar überschritten, wobei sich die Umsätze schwerpunktmäßig wie folgt geografisch verteilten: ca. 60 Prozent auf Asien, 25 Prozent auf die USA, 7 Prozent auf Europa und 8 Prozent auf Japan..
Unternehmen wie Atlas Copco mit seinen 2015 bzw. 2016 gekauften Vakuumspezialisten Edwards und Leybold, MKS, VAT, EBARA und Kashiyama, die einen überproportionalen Anteil in Asien und im SEMI-Bereich haben, konnten hier überdurchschnittlich zulegen und den Markt outperformen: die Kursentwicklung ihrer Aktien war besser als die Entwicklung des Branchenindex. Kashiyama gründete im November 2017 die Europa Zentrale in München und wird sicherlich als Pumpenlieferant auch in Europa verstärkt auftreten.
Abb.: Das Internet-of-Things (IoT) ist ohne Vakuumtechnologie nicht realisierbar. (Bild: SEMI Report 2015)
Als zweiter Punkt bleibt fest zu halten, das der TAM (Total Addressable Market) im Vakuumbereich wohl mehr als etwas 7,2 Milliarden US Dollar darstellt und mit einem langjährigen Wachstumstrend (CAGR, Compound Annual Growth Rate) von ca. 5,5 Prozent für die Jahre 2014-2017 weit über dem Welt-Bruttoinlandsprodukt der OECD liegt. Neben dem oben genannten Trend im SEMI-Bereich hat die Vakuumtechnologie insbesondere von den Anwendungsbereichen Beschichtung und Trocknung – besonders auch im Umfeld der Fertigung von für die Elektromobilität benötigen Li-Batterien – profitiert.
Und dann war da noch die Marktkonsolidierung in der Vakuumbranche. In 2017 stand die Firma Pfeiffer Vacuum im Mittelpunkt des Geschehens. Nach dem Vorliegen von zwei Übernahmeangeboten der Firma Busch und der Zustimmung des Bundeskartellamts empfahlen jedoch Vorstand und Aufsichtsrat den Aktionären, die Offerte nicht anzunehmen. Die Unternehmensführung entschied überdies, selbst mit M&A Aktivitäten den Unternehmenswert zu steigern. Mittlerweile sind der Aufsichtsratsvorsitzende und ein weiteres Mitglied zurückgetreten und auch die Position des CEO wurde neu besetzt. Weltweit wird der Pumpenmarkt derzeit mit einem Anteil von etwa 55 Prozent von Atlas Copco dominiert.
Abb.: Projektstudie Hyperloop: evakuierte Röhren sollen künftig Reisen mit Überschallgeschwindigkeit ermöglichen. (Bild: Hyperloop / bearbeitet: Hochschule Emden/Leer)
Ein bisschen Zukunftsmusik auf dem Gebiet der vakuumgestützten Mobilität klang in 2017 auch wieder an: zwei von Space X ausgerichtete Podrennen im Vakuum dienten als Technologietests für das Reisen per Rohrpost und lieferten kleine Schritte zum Überschallreisen an Land. Man darf also mit Zuversicht und Spannung in das neue Jahr blicken.
Dr. Stephan Becker / LK