Das Entropieprinzip, Thermodynamik für Unzufriedene
Thess, A.
Der Untertitel dieses Buches lautet „Thermodynamik für Unzufriedene“. Doch auch wer zufrieden ist mit der traditionellen Entwicklung der klassischen Thermodynamik und deren Lehre, der findet in diesem Buch Neues, unterhaltsam und spannend dargestellt. Zunächst veranschaulicht der Autor die an sich abstrakte, von Elliott Lieb und Jakob Yngvason 1999 vorgestellte Axiomatisierung des Entropieprinzips. Darauf fußend lässt er zahlreiche Anwendungen in neuem Licht erscheinen:
Die logische Struktur der Entropie verdeutlicht er zu Beginn am Märchen von „Hans im Glück“: Der Tauschwert, den Hans bei seinen irreversiblen Wertminderungen als positiv empfindet, wird als monotone Entropiezunahme in Bezug gesetzt zur Nichtumkehrbarkeit einfacher Prozesse aus dem Alltag. Zahlreiche einprägsame Bilder unterstützen die dabei vorgenommene Sortierung thermodynamischer Gleichgewichtszustände mithilfe der Ordnungsrelation adiabati-scher Erreichbarkeit. Sie gilt als irreduzibler Grundbegriff. Dabei geschieht in der Umgebung nichts weiter als das He-ben oder Absenken eines Gewichtsstücks. Sind zwei Zustände nicht adiabatisch äquivalent, dann weist man dem die höhere Entropie zu, der von dem anderen adiabatisch erreichbar ist. Diesen Test veranschaulicht der Autor mit einer fiktiven Lieb-Yngvason-Maschine, die alle 15 Axiome der Theorie erfüllt. Sie sind im Anhang des Buches aufgelistet. So kann zunächst auf die Begriffe Temperatur T und Wärme Q verzichtet werden, auch auf die Aussage, dass „adiabatisch“ in der üblichen Darstellung „ohne Wärmeaustausch“ bedeutet. „Die Temperatur ist nicht Prolog sondern Epilog der Thermodynamik“. Sie lässt sich mit der bekannten Relation T = (∂U/∂S)V auf den zentralen Begriff Entropie S zu-rückführen, die Wärme ergibt sich zu Q = ∫T(S)dS bei quasistatischen Zustandsänderungen. Der so entwickelte zweite Hauptsatz wird mit den Formulierungen von Clausius, Kelvin/Planck und Carathéodory verglichen. Die thermodynami-schen Potentiale schließen sich an.
Diese mit einem Mindestmaß an Bauelementen entwickelte Thermodynamik wird angewandt auf Zwei-Phasen-Systeme, Wärmekraftanlagen, die Ammoniak-Synthese, auf Vorgänge in der Sauna, beim Schnapsbrennen, beim Schlittschuhlaufen sowie auf eine mögliche Energiegewinnung aus dem Golfstrom. Dies rundet das neu dargestellte Entropieprinzip sowohl quantitativ als auch anhand von einprägsamen Bildern und Tabellen ab. All dies erscheint geeignet, die universitäre Ausbildung in Thermodynamik zu bereichern, vielleicht sogar neu zu gestalten.
Bisher erprobte der Autor seine Darlegungen im Sinne einer vertiefenden und zugleich veranschaulichenden Wei-terbildung an Maschinenbaustudenten, die schon traditionelle Thermodynamik gehört hatten. Ob sich daraus ein eigenständiger Grundkurs entwickeln lässt, wäre zu prüfen.
Prof. Dr. Franz Bader, Ludwigsburg
A. Thess; Das Entropieprinzip, Thermodynamik für Unzufriedene
Oldenbourg, München 2007, VIII + 171 S., broschiert