21.12.2007

Introduction to Mathematical Physics

Vaughn, M. T.

Oft versteht man Mathematische Physik als die Disziplin, bei der, ausgehend von physikalischen Grundgleichungen, physikalische Sachverhalte mathematisch bewiesen werden (ein bekanntes Lehrbuch der so verstandenen Mathematischen Physik ist das von Walter Thirring). Ziel des Buches von Michael Vaughn ist dagegen die Darstellung von mathematischen Methoden der Physik. Dabei überdeckt es die in einem Kurs über „Mathematik für Physiker“ behandelten Themen, vertieft aber auch einzelne Themenbereiche. Teils kommentierte und oft physikalisch motivierte Aufgaben ergänzen die Kapitel. Generell ist die Darstellung um Exaktheit ohne zu große Formalisierung bemüht. Manchmal gelingt dies nicht. So werden die Häufungspunkte einer Menge reeller Zahlen in einer Weise definiert, dass jeder Punkt der Menge Häufungspunkt wird. Auch ist die Definition von Vektorräumen unvollständig. Der Autor beabsichtigt jedoch eine Errata-Webpage einzurichten. Manche elementare Fragen werden etwas stiefmütterlich behandelt; so überlässt der Autor den Beweis des Satzes von Bolzano-Weierstraß ohne weiteren Hinweis dem Leser.
Die Stärken des Buches liegen eher in den leicht zugänglichen Konzepten der Höheren Mathematik. Sehr gut finde ich den Aufbau der Vektoranalysis auf Basis des Differentialformkalküls (Kap. 3). Die Sprache der Differentialformen erleichtert ungemein das geometrische Verständnis so unterschiedlicher Theorien wie Thermodynamik, Elektrodynamik und Allgemeine Relativitätstheorie. Gewöhnliche Differentialgleichungen werden in Kapitel 5 mit Schwerpunkt auf dem linearen Fall behandelt. In diesem Zusammenhang werden Legendre-Polynome und Bessel-Funktionen, aber auch elliptische Funktionen diskutiert. Es fehlt dagegen weitgehend die qualitative Theorie. Das stellt in meinen Augen einen wesentlichen Mangel dar, denn die meisten Differentialgleichungen sind eben nicht integrierbar. Kapitel 7 schärft das Bewusstsein für die Unterschiede zwischen kompakten, beschränkten und unbeschränkten Operatoren und arbeitet die Unterschiede zwischen Punkt- und kontinuierlichem Spektrum heraus. Die Kapitel 9 und 10 über Gruppentheorie sind den quantenfeldtheoretischen Forschungsinteressen des Autors zu verdanken und bereichern den Text sehr.
Insgesamt ist das Buch allen Studierenden zu empfehlen, die über den Tellerrand eines mathematischen Grundkurses hinausgehen wollen und gleichzeitig physikalische Motivationen suchen.
Prof. Dr. Andreas Knauf, Mathematisches Institut, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg


M. T. Vaughn: Introduction to Mathematical Physics
Wiley-VCH, Berlin 2007, 527 S., Softcover, ISBN 9783527406272

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