17.02.2015

Philosophie der Physik - Eine Einführung

N. Sieroka: Philosophie der Physik - Eine Einführung, C. H. Beck, München 2014, 127 S., broschiert, 8,95 €, ISBN 9783406667947

N. Sieroka

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Der studierte Physiker und Philosoph Norman Sieroka ist als Privatdozent an der ETH Zürich tätig. Sein vorliegendes Buch innerhalb der Reihe „C. H. Beck Wissen“ widmet sich nicht den klassischen Themen einer Einführung in die Philosophie der Physik, sondern geht den Fragen nach, wie sich Physik historisch entwickelt hat und wie sich Erklärungsmodelle dabei gewandelt haben. Dennoch hätte dem Buch dem Titel gemäß mehr Philosophie als Geschichte gut gestanden. Jemand, der die Geschichte der Physik – von den Vorsokratiker bis zur Moderne – kennt, dem bleiben nur noch rund 50 Seiten zum eigentlichen Thema. Auf diesem vergleichsweise geringen Raum behandelt der Autor die Bereiche Begriffs- und Theorienbildung, Kausalität, Mathematisierung, Erklärungsstrategien und Empirien. Diese erkenntnistheoretischen Merkmale betrachtet Sieroka nicht nur für die Gegenwart, sondern beschreibt auch, wie sich ihre Bedeutung in der Geschichte wandelte.

Als ein Beispiel sei die Entwicklung von „Begriffen“ näher ausgeführt, die Sieroka anlehnend an den Neukantianer Ernst Cassirer und den Mathematiker Hermann Weyl diskutiert. Cassirer unterscheidet drei Arten, wie sich Begriffe auf Dinge beziehen können, nämlich als Ausdruck des Dinges, als Darstellung und als reine Bedeutung. Cassirer sieht hierin eine historische Entwicklung, die der Autor nun auf die Geschichte der Physik von der Antike bis ins 20. Jahrhundert anwendet. Mit Hermann Weyl führt er in diesem Zusammenhang den Begriff der symbolischen Konstruktion ein, worunter Weyl die Einführung neuer Begriffe in die Physik versteht („Konstruktion“), die dann im Rahmen einer Theorie formalisierbar sind. Als Beispiel wird die Postulierung des Neutrinos durch Wolfgang Pauli genannt. Weyl betont, ähnlich wie Cassirer, dass sich die Begriffsbildung von einer sinnlichen Anschauung hin zu einer „symbolischen Konstruktion“ entwickelt hat. Diese These der geschichtlichen Begriffsbildung wird in knappen Sätzen den beiden großen wissenschaftstheoretischen Positionen des 20. Jahrhunderts, dem Empirismus und Positivismus, gegenüber gestellt. Im weiteren Verlauf des Buches finden sich weitere his­torische Variationen von Konzepten, wie z. B. die der Kausalität oder die Mathematisierung der Physik.

Insgesamt ist das Buch verständlich und klar geschrieben, und wer einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung der Physik sucht, der macht mit dem Erwerb des Buches nichts verkehrt. Die Kürze des philosophischen Teils macht allerdings – positiv ­formuliert – Lust auf mehr.

Dr. Matthias Hahn, Karlsruhe

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