12.08.2024

3D-Druck mit Mikroalgen

Neuartige Biotinte für die additive Fertigung von biokompatiblen Materialien.

Als Biofabriken zur Gewinnung von nach­haltigen Materialien für den 3D-Laserdruck eignen sich aufgrund ihres hohen Anteils an Fetten und photo­aktiven Farbstoffen insbesondere Mikroalgen wie die Kieselalge Odontella aurita und die Grünalge Tetraselmis striata. Einem inter­nationalen Forschungs­team unter Leitung von Eva Blasco vom Institute for Molecular Systems Engineering and Advanced Materials (IMSEAM) der Universität Heidelberg ist es erstmals gelungen, mit den aus den Mikroalgen gewonnenen Rohstoffen Tinten für den Druck von komplexen biokom­patiblen 3D-Mikro­strukturen zu fertigen. Die mikroalgen­basierten Materialien könnten dabei künftig auch als Grundlage für Implantate oder Gerüste für die 3D-Zellkultur dienen.

Abb.: Mit dem neuen Tintensystem auf Basis von Mikroalgen können komplexe...
Abb.: Mit dem neuen Tintensystem auf Basis von Mikroalgen können komplexe 3D-Mikrostrukturen mit hoher Qualität und Präzision hergestellt werden.
Quelle: C. Vazquez-Martel

Als Tinten für das höchst präzise Verfahren des 3D-Laserdrucks werden bislang hauptsächlich Polymere auf petro­chemischer Basis verwendet. Sie tragen jedoch zur Erschöpfung der fossilen Brennstoffe sowie zur Emission von Treibhaus­gasen bei und können darüber hinaus toxische Bestandteile enthalten, wie Blasco hervorhebt. Mikroalgen eignen sich besonders gut als Biofabriken für die Gewinnung von nach­haltigen Materialien für das dreidimensionale Drucken, weil sie schnell wachsen, im Zuge der Kultivierung sogar Kohlendioxid binden und darüber hinaus biokompatibel sind. „Trotz ihrer Vorteile sind Mikroalgen als Rohstoffe für den licht­basierten 3D-Druck kaum in Betracht gezogen worden“, so die Wissen­schaftlerin.

Dem Forschungsteam gelang es nun erstmals, aus Mikroalgen biokompatible Materialien für den hoch­auflösenden 3D-Laserdruck zu gewinnen. Dazu wählten die Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Kieselalge Odontella aurita und der Grünalge Tetraselmis striata zwei Arten aus, die besonders viele Fette in Form von Triglyzeriden enthalten. Die Wissenschaftler extrahierten die Triglyzeride und funktiona­lisierten sie mit Acrylaten, um eine schnelle Aushärtung bei Licht­einstrahlung zu ermöglichen. Dabei erwiesen sich die in den Mikroalgen vorhandenen photoaktiven grünen Farbstoffe als geeignete Photo­initiatoren. Sie starten unter Einfall von Licht die chemische Reaktion, durch die sich die Tinte zu einer dreidimensionalen Struktur verfestigt. „Damit vermeiden wir den Einsatz von potentiell toxischen Zusatzstoffen wie Photo­initiatoren, die in herkömm­lichen Tinten verwendet werden“, erklärt Doktorandin Clara Vazquez-Martel.

Mit dem neuen Tintensystem konnten die Wissenschaftler verschiedene 3D-Mikro­strukturen mit hoher Präzision und komplexen Merkmalen wie überhängenden Dächern oder Hohlräumen herstellen. Anhand von Versuchen mit Zell­kulturen untersuchten die Forscherinnen und Forscher auch die Biokompa­tibilität der mikroalgenbasierten Tinten. Dazu fertigten sie drei­dimensionale Mikrogerüste, auf denen die Zellen für etwa 24 Stunden kultiviert wurden. Ihren Beobachtungen zufolge lag die Überlebensrate bei nahezu einhundert Prozent. „Unsere Ergebnisse eröffnen nicht nur neue Möglichkeiten für einen nachhaltigeren 3D-Druck mit Licht, sondern auch für lebenswissen­schaftliche Anwendungen – von drei­dimensionalen Zellkulturen bis hin zu bio­kompatiblen Implantaten“, sagt Blasco.

Die Forschungs­arbeiten waren eingebunden in das Exzellenz­cluster „3D Matter Made to Order“, das gemeinsam von der Universität Heidelberg und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) getragen wird. Daran beteiligt waren neben den Heidelberger Wissen­schaftlerinnen auch Forscherinnen und Forscher des KIT sowie der Banco Español de Algas an der Universidad de Las Palmas de Gran Canaria (ULPGC, Spanien). Die Deutsche Forschungs­gemeinschaft, die Carl-Zeiss-Stiftung, der Fonds der Chemischen Industrie und die Europäische Union im Rahmen des European Territorial Cooperation Program haben die Arbeiten gefördert.

U. Heidelberg / JOL

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