19.07.2019

50 Jahre Mondlandung: sich etwas aus dem Staub machen

Vor 50 Jahren betraten Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen den Mond. Gesteinsproben von Apollo 11 kamen nach Deutschland und erzählen überraschende Geschichten.

Die Landung von Apollo 11 auf dem Mond wirbelte in vielerlei Hinsicht Staub auf, zunächst durch die Bremsrakete der Mondlandefähre, die Neil Armstrong über eine gefährliche Stelle hinwegsteuerte, um sicher zu landen. Nach einer Ruhephase betrat Armstrong am 21. Juli um 3:56 Uhr MEZ den Mond. Dieser erste Schritt eines Menschen auf einem fremden Himmelskörper ist nicht zuletzt durch Armstrongs Worte Teil des kollektiven Gedächtnisses der Menschheit geworden.

Dem kleinen Schritt für einen Menschen und großen Sprung für die Menschheit folgten eine Inspektion der Landefähre und eine kurze Untersuchung der Oberfläche. Aldrin reichte Armstrong die Fotokamera herab, mit der dieser erste Aufnahmen machte. Nur zehn Minuten nach dem ersten Schritt auf dem Mond sammelte Armstrong eine erste Gesteinsprobe ein, für den Fall, dass er und Aldrin durch irgendwelche Umstände gezwungen gewesen wären, gleich wieder zu starten. Das war glücklicherweise nicht der Fall, sodass Armstrong und Aldrin rund 22 Kilogramm Mondgestein auf die Erde bringen konnten.

Die unscheinbaren Felsbrocken wurden von Wissenschaftlern sehnlichst erwartet, denn sie versprachen völlig neuartige Erkenntnisse über die Beschaffenheit und den Ursprung des Mondes. Während die Öffentlichkeit rasch das Interesse an den Apollo-Missionen verlor, wuchs das Interesse der Wissenschaft, die vor allem bei den letzten drei Apollo-Missionen 15, 16 und 17 berücksichtigt wurde.

Der Physiker Josef Zähringer vom Max-Planck-Institut in Heidelberg war der einzige europäische Wissenschaftler, der von der NASA eingeladen worden war, um in Houston an der Untersuchung des Mondgesteins teilzunehmen, dass die Apollo-11-Astronauten vom Mond zur Erde gebracht hatten. Zähringer und seine Kollegen von der Abteilung für Kosmochemie hatten sich bereits intensiv mit der Analyse des Gehalts von Edelgasen in Meteoriten beschäftigt, unter anderem um zu bestimmen, wie lange sie der kosmischen Strahlung und dem Sonnenwind ausgesetzt waren.

Damals war noch nicht klar, ob die Gesteinsproben eventuell durch gefährliche Mondbakterien kontaminiert waren, sodass die Handhabung der Proben in hermetisch abgeschlossenen Handschuhkästen geschah. Dabei kam es zu Pannen und Lecks, die dazu führten, dass einige der Wissenschaftler in das Quarantänemodul der Astronauten mussten. Dazu gehörte auch Zähringer, der dadurch die Gelegenheit erhielt, die kurz zuvor zurückgekehrten Apollo-11-Astronauten direkt zu ihren Erlebnissen zu befragen.

Zähringer, der tragischerweise im Juli 1970 bei einem Verkehrsunfall im Alter von 41 Jahren ums Leben kam, und seine Mitarbeiter analysierten die Zusammensetzung der knapp 12 Gramm Gesteinsproben mit massenspektroskopischen Methoden und mit dem Elektronenmikroskop. Eine winzige Staubmenge stellte Zähringer dem damaligen Herausgeber der Physikalischen Blätter (dem Vorgänger des Physik Journals), Ernst Brüche (1900 – 1985) zur Verfügung.

Brüche war ein Pionier der Elektronenmikroskopie und führte in seinem Labor in Mosbach Vergleichsuntersuchungen an den Körnchen durch. Die in der hohen Vergrößerung sichtbaren Strukturen deutete er als Folge von Meteoriteneinschlägen. Einige der glasartigen Kügelchen zeigten selbst Einschlagspuren von Mikrometeoriten.

Einige der Bilder veröffentlichte Brüche im August 1970 in den Physikalischen Blättern, nachdem im Mai bereits eine der Aufnahmen im ersten Artikel einer Reihe über die wissenschaftlichen Ergebnissen der Apollo-Missionen erschienen war. Verfasst hatte diese der aus Deutschland stammende NASA-Wissenschaftler Ernst Stuhlinger. Dieser gehörte ab 1943 zu den Mitarbeitern von Wernher von Braun in Peenemünde und gelangte wie dieser im Rahmen der „Operation Paperclip“ in die USA. Stuhlingers und Brüches Artikel stehen mittlerweile frei im Web zur Verfügung (siehe Links unten) und bieten auch heute noch eine interessante Lektüre.

Zu Josef Zähringers Mitarbeitern gehörte Gerhard Neukum (1944 – 2014), der sich unter anderem durch die von ihm entwickelte Methode zur Altersbestimmung planetarer Oberflächen anhand der Kraterzahl einen Namen gemacht hat. Später entwickelte er federführend die hochauflösende Kamera der europäischen Sonde Mars Express. Neukums erster Doktorand war Ralf Jaumann, Abteilungsleiter im Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Jaumann berichtet im Juli-Heft des Physik Journals von der nachhaltigen Wirkung des Apollo-Programms auf die Erforschung von Mond, Erde und den anderen Planeten. „Apollo hat unseren Blick auf das Sonnensystem massiv verändert“, betont er. Bis heute lassen sich aus den insgesamt 384 Kilogramm Gesteinsproben der Apollo-Missionen neue Erkenntnisse gewinnen, wecken aber gleichzeitig das Verlangen der Forschung, Proben aus anderen Gebieten des Mondes zu erhalten.

„Wir hätten daher gerne Proben von der Rückseite und am besten noch aus dem Mondinneren, speziell dem Mantel“, sagt Jaumann. Hierfür bietet sich die Südpolregion des Mondes an, an der Gestein aus tiefen Schichten durch einen enormen Einschlag an die Oberfläche gelangt sein könnte.

Die erste bemannte Landung auf dem Mond und die nachfolgenden Apollo-Missionen waren ein gigantischer technischer Erfolg, markieren aber auch den Auftakt einer neuen Ära in der Erforschung des Sonnensystems. Mittlerweile sind neue bemannte Mondmissionen geplant, die natürlich auch wissenschaftlichen Zielen dienen werden. Die Vorbereitungen für den „next giant leap“ sind bereits im Gange. So trainiert ESA-Astronaut Matthias Maurer nicht nur auf seinen Einsatz auf der Internationalen Raumstation, sondern engagiert sich auch bei Projekten für künftige Mondlandungen, etwa durch geologische Übungen auf Lanzarote oder beim Bau einer entsprechenden Übungsanlage auf der Erde.

Alexander Pawlak

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