75 Jahre Physikalische Blätter
Die Vorgängerin des Physik Journal startete unter schwierigen Umständen und steht heute frei im Web zur Verfügung.
Der Januar 1944 war eine ungünstige Zeit, um eine neue Zeitschrift zu starten. Der Physiker Ernst Brüche wagte es trotzdem und verkündete im ersten Hefts: ,,Der Physiker soll Experimente machen, und die Physikalischen Blätter sind ein Experiment.“ Ausgangspunkt für die Physikalischen Blätter war der Beschluss des DPG-Vorstands im August 1943, eine „Informationsstelle Deutscher Physiker“ zu gründen. Die erste Auflage des Doppelhefts für Januar/Februar 1944 fiel jedoch einem Luftangriff zum Opfer. Der Nachdruck erreichte erst im Mai die rund 600 Empfänger.
Den Jahrgang 1945 wird man übrigens vergeblich suchen. Die zwei Hefte aus diesem Jahr kamen nur noch in wenigen Einzelexemplaren in Umlauf, so dass der Jahrgang nicht gezählt wird. Was als Experiment in schwierigen Zeiten begann, konnte sich nach dem Krieg stetig weiter entwickeln. Ernst Brüche, der als ein Pionier der Elektronenoptik gilt, lenkte die Geschicke der Zeitschrift bis Anfang der Siebzigerjahre.
Ab 1977 sind die Physikalischen Blätter Mitgliederzeitschrift der DPG. Mit dem Jahrgang 1980 kam die Umstellung auf ein größeres Format. Das Layout wurde immer wieder modernisiert, und nach und nach hielt der Farbdruck auf allen Seiten Einzug. Aufgrund verlagstechnischer Gründe wurden die Physikalischen Blätter ab 2002 in Physik Journal umbenannt. Was einmal mit 600 Leserinnen und Lesern begann, erreicht heute die über 60.000 Mitglieder der DPG.
Seit 2013 stehen die über 650 Ausgaben der Physikalischen Blätter mit ihren rund 30000 Seiten in der Wiley Online Library frei zur Verfügung und bilden so ein spannendes Archiv der Physikgeschichte. Stöbern lohnt sich, denn in den über fünfzig Jahrgängen der „Blätter“ lässt sich die Entwicklung der modernen Physik und der Physik-Community in Deutschland nachvollziehen. Unter den Autorinnen und Autoren finden sich viele bekannte Namen wie Max Planck, Lise Meitner, Werner Heisenberg, Otto Hahn oder Max von Laue.
Die monatliche Rubrik „Zurückgeblättert“ im Newsletter des Physik Journals bietet darüber hinaus die Gelegenheit, sich durch spannende oder auch kuriose Artikel aus dem Archiv überraschen zu lassen. Oft genug finden sich dort auch erstaunlich aktuelle Bezüge.
Alexander Pawlak
Weitere Infos
- Physikalische Blätter auf Wiley Online Library
- S. Jorda und M. Bartelmann, Schatzkisten der Physik, Physik Journal, April 2013, S. 3 PDF
- E. Dreisigacker und H. Rechenberg, Karl Scheel, Ernst Brüche und die Publikationsorgane, Physikalische Blätter 51, F-135 (1995)
- E. Dreisigacker und H. Rechenberg, 50 Jahre Physikalische Blätter, Phys. Blätter, Januar 1994, S. 21
- A. Hermann, 25 Jahre Physikalische Blätter, Physikalische Blätter 25, 547 (1969)
- H. Rechenberg, Vom „Übermikroskop”︁ zu den Physikalischen Blättern: Erinnerung an Ernst Brüche zum 100. Geburtstag, Physikalische Blätter, März 2000, S. 75
- E. Brüche, Zur Einführung, Physikalische Blätter 1, 2 (1944)