Alarm, bevor es brennt
Neuer Rauchmelder erschnüffelt Brandquellen bereits vor ihrer Entzündung.
Ein Team des ZARM und des IWT der Universität Bremen hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für physikalische und theoretische Chemie der Universität Tübingen die DLR-Challenge im Rahmen des Ideenwettbewerbs INNOspace Masters gewonnen – mit einem hochinteressanten Projekt: einem Rauchmelder, der Brandquellen bereits vor Ausbruch des Brandes erschnüffeln kann. Beim INNOspace Masters werden von verschiedenen Organisationen und Firmen insgesamt fünf Challenges ausgeschrieben. Verbunden mit dem Sieg ist eine finanzielle Förderung des Projekts.
Bei dem Projekt geht es um die Entwicklung von Brandmelde-Sensorik, die einen Brandherd erschnüffeln soll, schon bevor es zu dessen Entzündung kommt. „Jeder kennt beispielsweise den eigentümlichen Geruch von überhitzter Elektrik oder Elektronik. Ganz ähnlich emittiert jeder Stoff, wenn er überhitzt ist, gasförmige Stoffe, die durch neuartige halbleitende Metall-Oxid-Schichten detektiert werden können“, erklärt Christian Eigenbrod vom ZARM.
Was die Halbleiter dabei detektieren, was kritisch und was unkritisch ist, müssen sie über Machine-Learning-Routinen beigebracht bekommen. Die Schichten ändern ihren Widerstand nicht nur aufgrund spezieller Luft-Inhaltsstoffe, sondern auch aufgrund der allgemein veränderten Atmosphärenzusammensetzung. Dabei spielen nicht nur zusätzlich emittierte Stoffe eine Rolle, sondern auch das, was stattdessen weniger vorhanden ist. Nach entsprechendem Training gibt es kaum einen gasförmigen Stoff, der so nicht detektiert werden kann.
Einen konkreten technischen Aufbau gibt es noch nicht. Sensoren dieser Art werden von der Firma Sensirion – einer Ausgründung der ETH Zürich – vertrieben und finden unter anderem in Geräten zur Überwachung der Raumluftqualität Anwendung. Aber auch eigene Sensoren können am IWT hergestellt und speziell auf die Anforderungen zur Branddetektion angepasst werden.
Die Idee zu einem solchen Rauchmelder entstand vor einigen Jahren über ein ESA-MAP-Projekt zusammen mit der Universität Tübingen und der ETH Zürich, um zu versuchen, neuartige Sensoren unter Mikrogravitationsbedingungen herzustellen. Bei der Herstellung werden die Schichten aus einer sehr heißen Spray-Flamme auf einem Substrat abgeschieden. Dabei liefert die Flamme die benötigten hohen Temperaturen. Die Flüssigkeit, die in Form eines brennbaren Sprays in die Flamme gebracht wird, enthält die Ausgangsstoffe für die Halbleiterschicht.
Das Standard-Verfahren heißt „Flame Spray Pyrolysis“. Es zeigte sich, dass die benötigten hohen Temperaturen nur mittels Knallgasflammen erzielt werden konnten. Da diese Flammen eine sehr schnelle Ausbreitungsgeschwindigkeit haben, sind sie hochturbulent und der Gravitationseinfluss ist verschwindend gering. Insofern war dieses Projekt nicht erfolgreich im Sinne, neue Materialien in Schwerelosigkeit herstellen zu können.
Eigenbrod hatte sich an eben diese Sensor-Schichten erinnert, als sich in der aktuellen Forschung zur Feuersicherheit in der astronautischen Raumfahrt zeigte, dass momentan verwendete Rauchmelder ihrer Aufgabe kaum gerecht werden. Das können sie unter den Gegebenheiten auf der Internationalen Raumstation auch prinzipiell nur sehr schlecht, da neben dem Rauch auch alle anderen Arten von feinen Partikeln erfasst werden, was zu häufigen Fehlalarmen führt. Auch wurde klar, dass klassische Rauchmelder auf einer Mondstation bei allgegenwärtigem feinstem Regolith-Staub kaum eine Chance auf zuverlässige Funktion haben. Darüber hinaus alarmieren Rauchmelder grundsätzlich erst dann, wenn es im Prinzip schon zu spät ist.
Also wurde der Kontakt nach Tübingen wieder aufgegriffen und nachgefragt, ob die Halbleitersensoren in der Lage sein könnten, Ausgasungen zu detektieren, die aus überhitzten Kunststoffen vielleicht schon vor deren Entzündung stammen. Diese Frage wurde ohne Einschränkungen bejaht, und die Idee eines neuartigen Brandmelders war somit geboren.
Durch den Erfolg beim INNOspace Masters wird die Umsetzung der Idee nun in einem Entwicklungsprojekt untersucht. Dazu werden Förderungen bis zu 400.000 Euro bereitgestellt. Nach einer erfolgreichen ersten Projektphase könnte ein erster Prototyp des Systems entwickelt werden, der beispielsweise auf der ISS getestet werden könnte.
U. Bremen / RK
Weitere Infos
- INNOspace Masters, Anwendungszentrum GmbH, Oberpfaffenhofen
- Strömungsmechanik, ZARM – Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation, Universität Bremen