12.07.2022

Alarm, bevor es brennt

Neuer Rauchmelder erschnüffelt Brandquellen bereits vor ihrer Entzündung.

Ein Team des ZARM und des IWT der Universität Bremen hat in Zusammen­arbeit mit dem Institut für physi­ka­lische und theoretische Chemie der Universität Tübingen die DLR-Challenge im Rahmen des Ideenwett­bewerbs INNOspace Masters gewonnen – mit einem hoch­interes­santen Projekt: einem Rauchmelder, der Brand­quellen bereits vor Ausbruch des Brandes erschnüffeln kann. Beim INNOspace Masters werden von verschiedenen Organisationen und Firmen insgesamt fünf Challenges ausgeschrieben. Verbunden mit dem Sieg ist eine finanzielle Förderung des Projekts.

Abb.: Selbst­ent­wickelte Sensoren für die neu­artigen Brand­melder....
Abb.: Selbst­ent­wickelte Sensoren für die neu­artigen Brand­melder. (Bild: IWT, U. Bremen)

Bei dem Projekt geht es um die Entwicklung von Brandmelde-Sensorik, die einen Brandherd erschnüffeln soll, schon bevor es zu dessen Entzündung kommt. „Jeder kennt beispiels­weise den eigen­tüm­lichen Geruch von überhitzter Elektrik oder Elektronik. Ganz ähnlich emittiert jeder Stoff, wenn er überhitzt ist, gasförmige Stoffe, die durch neuartige halbleitende Metall-Oxid-Schichten detektiert werden können“, erklärt Christian Eigenbrod vom ZARM.

Was die Halbleiter dabei detektieren, was kritisch und was unkritisch ist, müssen sie über Machine-Learning-Routinen beigebracht bekommen. Die Schichten ändern ihren Widerstand nicht nur aufgrund spezieller Luft-Inhalts­stoffe, sondern auch aufgrund der allgemein veränderten Atmosphären­zusammen­setzung. Dabei spielen nicht nur zusätzlich emittierte Stoffe eine Rolle, sondern auch das, was stattdessen weniger vorhanden ist. Nach entsprechendem Training gibt es kaum einen gasförmigen Stoff, der so nicht detektiert werden kann.

Einen konkreten technischen Aufbau gibt es noch nicht. Sensoren dieser Art werden von der Firma Sensirion – einer Ausgründung der ETH Zürich – vertrieben und finden unter anderem in Geräten zur Überwachung der Raumluft­qualität Anwendung. Aber auch eigene Sensoren können am IWT hergestellt und speziell auf die Anforderungen zur Brand­detektion angepasst werden.

Die Idee zu einem solchen Rauchmelder entstand vor einigen Jahren über ein ESA-MAP-Projekt zusammen mit der Universität Tübingen und der ETH Zürich, um zu versuchen, neuartige Sensoren unter Mikro­gravi­tations­bedingungen herzu­stellen. Bei der Herstellung werden die Schichten aus einer sehr heißen Spray-Flamme auf einem Substrat abgeschieden. Dabei liefert die Flamme die benötigten hohen Temperaturen. Die Flüssigkeit, die in Form eines brennbaren Sprays in die Flamme gebracht wird, enthält die Ausgangs­stoffe für die Halb­leiter­schicht.

Das Standard-Verfahren heißt „Flame Spray Pyrolysis“. Es zeigte sich, dass die benötigten hohen Temperaturen nur mittels Knallgas­flammen erzielt werden konnten. Da diese Flammen eine sehr schnelle Ausbreitungs­geschwin­digkeit haben, sind sie hoch­turbulent und der Gravitations­einfluss ist verschwindend gering. Insofern war dieses Projekt nicht erfolgreich im Sinne, neue Materialien in Schwere­losig­keit herstellen zu können.

Eigenbrod hatte sich an eben diese Sensor-Schichten erinnert, als sich in der aktuellen Forschung zur Feuer­sicherheit in der astro­nau­tischen Raumfahrt zeigte, dass momentan verwendete Rauchmelder ihrer Aufgabe kaum gerecht werden. Das können sie unter den Gegeben­heiten auf der Inter­natio­nalen Raumstation auch prinzipiell nur sehr schlecht, da neben dem Rauch auch alle anderen Arten von feinen Partikeln erfasst werden, was zu häufigen Fehlalarmen führt. Auch wurde klar, dass klassische Rauchmelder auf einer Mondstation bei allgegen­wärtigem feinstem Regolith-Staub kaum eine Chance auf zuverlässige Funktion haben. Darüber hinaus alarmieren Rauchmelder grund­sätzlich erst dann, wenn es im Prinzip schon zu spät ist.

Also wurde der Kontakt nach Tübingen wieder aufgegriffen und nachgefragt, ob die Halbleiter­sensoren in der Lage sein könnten, Ausgasungen zu detektieren, die aus überhitzten Kunststoffen vielleicht schon vor deren Entzündung stammen. Diese Frage wurde ohne Ein­schrän­kungen bejaht, und die Idee eines neuartigen Brandmelders war somit geboren.

Durch den Erfolg beim INNOspace Masters wird die Umsetzung der Idee nun in einem Entwicklungs­projekt untersucht. Dazu werden Förderungen bis zu 400.000 Euro bereitgestellt. Nach einer erfolgreichen ersten Projektphase könnte ein erster Prototyp des Systems entwickelt werden, der beispiels­weise auf der ISS getestet werden könnte.

U. Bremen / RK

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