12.12.2025

ALICE löst lange offenes Rätsel der Teilchenphysik

Entdeckung von Resonanzen am CERN erklärt Entstehung von Deuteronen und ihrer Antimaterie-Gegenstücke.

Ein internationales Forschungsteam des ALICE-Experiments am Teilchenbeschleuniger CERN unter Führung von Forschenden der Technischen Universität München (TUM) konnte zum ersten Mal direkt beobachten, wie Deuteronen und Antideuteronen in extrem energiereichen Teilchenkollisionen entstehen. Das Ergebnis: Die zur Bildung von Deuteronen notwendigen Protonen und Neutronen werden beim Zerfall sehr kurzlebiger Resonanzen wie der Δ(1232) freigesetzt und schließen sich dann zusammen. Dasselbe gilt auch für ihre Antimaterie-Gegenstücke.

In den Protonenkollisionen am Large Hadron Collider (LHC) des CERN entstehen Temperaturen, die über 100.000-mal heißer sind als im Inneren der Sonne. Bislang war völlig unklar, wie so fragile Teilchen wie Deuteronen und Antideuteronen dies überhaupt überstehen können. Unter solchen Bedingungen sollten leichte Atomkerne wie das Deuteron – bestehend aus nur einem Proton und einem Neutron – eigentlich sofort wieder zerfallen, da die Bindung, die sie zusammenhält, vergleichsweise schwach ist. Trotzdem wurden solche Kerne immer wieder beobachtet. Nun ist klar: Rund neunzig Prozent der beobachteten (Anti-)Deuteronen entstehen durch diesen Mechanismus.

Mehr von und mit Deuteron

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Thomas Brückel, Thomas Gutberlet und Paul Zakalek • 5/2023 • Seite 29

Brillante Neutronenstrahlen

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Stephan Schlemmer • 5/2023 • Seite 18

Tunnelblick auf Reaktionen

Die ALICE-Kollaboration kam zu diesen Schlussfolgerungen, indem sie die Impulse von Deuteronen und Pionen maßen. Sie fanden eine Korrelation zwischen den Impulsen von Pionen und Deuteronen, was darauf hindeutet, dass die Pionen und entweder die Protonen oder die Neutronen der Deuteronen tatsächlich aus dem Zerfall eines kurzlebigen Teilchens stammen. Diese Delta-Resonanzen zerfallen in etwa einer Billionstel Billionstel Sekunde in ein Pion und ein Nukleon, d. h. entweder ein Proton oder ein Neutron. Das Nukleon kann dann mit anderen Nukleonen in der Nähe verschmelzen und leichte Kerne wie ein Deuteron bilden. Diese Kernfusion findet in geringer Entfernung vom Hauptkollisionspunkt in einer kühleren Umgebung statt, wodurch die neu entstandenen Kerne eine viel bessere Überlebenschance haben. Dies wurde sowohl für Teilchen als auch für Antiteilchen beobachtet, die Bildung von Deuteronen und Antideuteronen läuft also nach dem gleichen Mechanismus ab.

Die TUM-Teilchenphysikprofessorin Laura Fabbietti, For­sche­rin im Exzel­lenz­cluster ORIGINS und im Sonder­for­schungs­be­reich Neu­tri­nos und Dunk­le Mate­rie in der Astro- und Teil­chen­physik (SFB 1258), betont: „Unser Ergebnis ist ein wich­tiger Schritt zum besseren Ver­ständ­nis der ‚starken Wechselwirkung‘ – jener fundamentalen Kraft, die Pro­to­nen und Neu­tro­nen im Atomkern zusam­men­hält. Die Mes­sungen zeigen klar: Leichte Kerne bilden sich nicht im heißen Anfangs­sta­dium der Kolli­sion, sondern später, wenn die Beding­ungen etwas kühler und ruhiger geworden sind.“

Maximilian Mahlein, Forscher an Fabbiet­tis Lehr­stuhl für Dense and Strange Hadro­nic Matter an der TUM School of Natural Sciences, erläutert: „Unsere Entdeckung ist nicht nur für die Grund­lagen­for­schung in der Kern­physik bedeut­sam. Leichte Atom­kerne entste­hen auch im Welt­all – etwa bei Wechsel­wir­kungen von kos­mi­scher Strah­lung. Sie könnten sogar Hin­weise auf die noch myste­riöse Dunkle Materie lie­fern. Mit den neuen Er­kennt­nis­sen lassen sich Modelle zur Ent­ste­hung die­ser Teil­chen ver­bes­sern und kos­mische Mess­daten zuver­läs­siger deuten.“ [TUM / CERN / dre]

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