31.05.2021

Am Puls des Weltraumwetters

DLR-Institut für Solar-Terrestrische Physik in Neustrelitz eröffnet.

An Polarlichtern ist sie besonders leicht zu erkennen: die Teilchenstrahlung der Sonne. Doch die Plasma-Ausbrüche der Sonne lassen nicht nur das Naturschauspiel in den Polarregionen entstehen. Sie können auch Satelliten empfindlich stören. Im Extremfall beeinträchtigt das Weltraum­wetter sogar die Infrastruktur auf der Erde. Das Institut für Solar-Terrestrische Physik im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beobachtet das Weltraum­wetter und forscht daran, die Wechsel­wirkungen besser verstehen und vorhersagen zu können. Das DLR-Institut in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) wurde nun am 26. Mai 2021 eröffnet.
 

Abb.: Das Weltraum­wetter beeinflusst das Magnet­feld der Erde. (Bild: NASA)
Abb.: Das Weltraum­wetter beeinflusst das Magnet­feld der Erde. (Bild: NASA)

„Unsere hochtechnisierte Gesellschaft hat ein hohes Schutz­bedürfnis. Deshalb muss Vorsorge getroffen werden, um nachteilige Effekte des Weltraum­wetters auf unsere Infrastruktur am Boden, in der Luft und im Erdorbit zu vermeiden“, betont Anke Kaysser-Pyzalla, die Vorstands­vorsitzende des DLR. „Mit der Gründung unseres neuen Institutes in Mecklenburg-Vorpommern möchten wir einen Beitrag leisten zum Aufbau eines nationalen Weltraumwetter-Dienstes.“

Das DLR-Institut für Solar-Terrestrische Physik betreibt sowohl Grundlagen­forschung als auch angewandte Forschung. Ziel ist, die technologischen Infrastrukturen im All und auf der Erde vor Schäden durch das Weltraum­wetter zu schützen. Dazu wird ein Weltraumwetter-Service aufgebaut.

Das neue Institut befindet sich am schon seit 1992 bestehenden DLR-Standort in Neustrelitz. Der Fokus liegt hier auf den Themen Satelliten­datenempfang, Satelliten­fernerkundung, Navigation, maritimer Verkehr und maritime Sicherheit sowie Weltraumwetter. Das Institut für Solar-Terrestrische Physik hat aktuell etwa fünfzig Mitarbeiter, langfristig sollen es bis zu achtzig werden.

„Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern, sondern deutschlandweit ein Leuchtturm in der Spitzenforschung", sagt Wissenschaftsministerin Bettina Martin. „Mit dem neuen Institut für Solar-Terrestrische Physik wird der Wissenschafts­standort Mecklenburg-Vorpommern weiter enorm aufgewertet. Das Land unterstützt diesen wichtigen Schritt mit rund zehn Millionen Euro und wird sich künftig mit rund 670.000 Euro pro Jahr an den Sach- und Betriebskosten beteiligen.“

Die Strahlungs- und Plasma-Ausbrüche der Sonne, die auch Sonnenstürme genannt werden, haben unterschiedliche Intensität und Häufigkeit. Grundsätzlich bietet das Erdmagnet­feld einen Schutz vor Sonnenstürmen. Bestimmte Sonnen­aktivitäten jedoch, wie solare Flares oder ein koronaler Massenauswurf, schleudern elektromagnetische Strahlen oder ein riesiges Ensemble ionisierter Teilchen in den Orbit. Sie überwinden den Schutzschild der Erde.

„Weltraumwetter und seine Folgen sind nicht nur auf den Weltraum beschränkt. Je nach Intensität kann es auch zu Störungen in der Stromversorgung oder im Funkverkehr auf der Erde führen“, sagt Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. „Wir sind uns dieses möglichen wirtschaftlichen Schadens bewusst, der durch Weltraumwetter ausgelöst werden kann und wir nehmen diese Gefährdung ernst. Daher freue ich mich sehr über das neu gegründete Institut am Standort Neustrelitz und den enormen wissenschaftlichen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung, der dort geleistet wird.“

In unserer hochtechnisierten Zeit führt ein ausgeprägter Sonnensturm zu hohen wirtschaftlichen Schäden und Satelliten­ausfällen. Elektrische Versorgungs­netze können zusammenbrechen. Außerdem werden die Bordelektronik und die Navigation von Flugzeugen, Schiffen und Autos gefährlich gestört. Darüber hinaus behindert ein Sonnensturm die Übertragung von Fernseh-, Radio- und Handysignalen. Bei einer ausreichenden Vorwarnzeit sind rechtzeitige Gegen­maßnahmen möglich. Schon jetzt werden Satelliten zeitweise ausgeschaltet. Passagier­flugzeuge, die bei Sonnenstürmen die Polregionen überfliegen, wechseln in tiefere Bereiche der Atmosphäre oder ändern den Kurs.

Im Mittelpunkt der Forschung des neuen DLR-Instituts für Solar-Terrestrische Physik steht das Ionosphären-Thermosphären-Magnetosphären (ITM) -System. Dabei handelt es sich um Atmosphären­bereiche der Erde mit besonderen Eigenschaften und Wechsel­wirkungen, die von den Sonnenstürmen beeinflusst sind. Ein besseres Verständnis der komplizierten Zusammenhänge sorgt dafür, dass die negativen Folgen des Weltraumwetters vorhergesagt und vermieden werden können.

Die Erforschung der Ionosphäre hat in Neustrelitz eine lange Tradition: Seit 1913 gibt es hier empfangsbereite Antennen, zuerst für die Versuchs­funkstelle des Kaiserlichen Telegraphen­versuchsamts. Das Signal reichte bis zu hundert Kilometer hoch, also gerade bis in die Ionosphäre. Das Gas dort lädt sich wegen der Sonnen­strahlung elektrisch auf – es wird ionisiert. Für Funkwellen wirkt die Ionosphäre als eine Art Spiegel.

DLR / DE
 

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