Andersons Orthogonalitätskatastrophe aufgespürt
Erste Untersuchungen des Kondo-Effekts in Quantenpunkten mithilfe der Quantenoptik.
Erste Untersuchungen des Kondo-Effekts in Quantenpunkten mithilfe der Quantenoptik.
Bisherige Studien des Kondo-Effekts in Quantenpunkten beschränkten sich auf den Einfluss dieses Vielteilchenphänomens auf den elektronischen Widerstand in solchen nanoskaligen Halbleiterstrukturen. Ein internationales Team mit Forschern der ETH Zürich und der LMU München untersuchte nun mithilfe resonanter Laserabsorption, wie ein Kondo-korrelierter Quantenpunkt auf das plötzliche Ausschalten der für die Kondo-Korrelationen verantwortlichen Wechselwirkung reagiert.
Die aktuelle Studie eröffnet mittels optischer Messungen eine neue Perspektive. So lässt sich die den Kondo-Effekt erzeugende Wechselwirkung durch die Absorption eines einzelnen Photons ausschalten. Dies liefert einen tiefen Einblick in den anschließenden Zerfall der Kondo-Korrelation. Der Beitrag der Münchner Physiker besteht in der theoretischen Modellierung des Experiments. Die Arbeit schlägt eine neue Richtung ein, nämlich die Untersuchung von Vielteilchenphänomenen mittels quantenoptischer Methoden.
In dem Experiment untersuchten die Wissenschaftler die Absorptionslinienform von Photonen, die ein Quantendot absorbierte. Dieser ist recht stark an die beweglichen Leitungselektronen der Umgebung angekoppelt und so eingestellt, dass ein einziges dort lokalisiertes Elektron die Absorptionseigenschaften dominiert. Vor Absorption eines Photons zeigt der Quantendot den Kondo-Effekt: Der Spin des lokalisierten Elektrons ist stark mit den Spins der beweglichen Leitungselektronen korreliert, die den lokalisierten Spin abschirmen und so sein magnetisches Moment reduzieren. Die Absorption eines einfallenden Photons regt ein weiteres Elektron von einem tiefer liegenden Energieniveau in das Niveau des ersten Elektrons an. Diese plötzliche Änderung wirkt als Quantenquench, der die Austauschwechselwirkung zwischen dem lokalen Elektron und den beweglichen Leitungselektronen ausschaltet. Als Konsequenz verschwinden Kondo-Korrelationen innerhalb kurzer Zeit.
Der Endzustand der beweglichen Leitungselektronen unterscheidet sich somit stark vom Anfangszustand. Ein solcher Unterschied war bereits 1967 von P. W. Anderson beschrieben worden, der dafür den Begriff Orthogonalitätskatastrophe prägte. Diese hinterlässt subtile aber eindeutige Signaturen in der Absorptionslinienform, nämlich ein Potenzgesetzverhalten, dessen Exponent das Ausmaß der Orthogonalität charakterisiert. Im aktuellen Experiment gelang es erstmals, Signaturen dieses Potenzgesetzverhaltens in der gemessenen Linienform nachzuweisen. Der entsprechende Exponent ließ sich mittels eines angelegten Magnetfelds verändern, in guter Übereinstimmung mit den theoretischen Rechnungen der Münchner Physiker.
LMU / OD