Traditionell wird der Nachwuchspreis des Fraunhofer-IOF im Rahmen des internationalen Karriere- und Netzwerkevents „Photonics Days Jena“ verliehen. So auch in diesem Jahr: Robert Kammel, Leiter der Abteilung Strategie, Organisation, Kommunikation am Fraunhofer-IOF, überreichte am 5. Oktober zusammen mit Michelé Heurs, Gravitationswellen-Forscherin und in diesem Jahr Keynote-Speakerin bei den „Photonics Days Jena“, den Förderpreis des Fraunhofer-IOF an die diesjährigen Gewinner.
Eine Fachjury, bestehend aus Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft, hatte die prämierten Arbeiten zuvor ausgewählt. Prämiert wurden insgesamt drei Abschlussarbeiten in den Kategorien Bachelor, Master/Diplom und Dissertation. Zusätzlich vergab die Jury in diesem Jahr zwei Sonderpreise für wissenschaftliche Exzellenz: Mit dem Sonderpreis wurde je für eine Abschlussarbeit im Bereich „Graduate“ und „Post-Graduate“ ausgezeichnet.
Als beste Bachelorarbeit wurde „Gas Sensing with 2D Materials on Exposed-Core Fibers“ von Magdalena Hilbert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit einem Preisgeld 1.000 Euro prämiert. Gase und organische Dämpfe können dank Sensoren schnell erkannt und bestimmt werden. Damit dies gelingt, muss die hochempfindliche Sensorik oft mehrere Parameter gleichzeitig analysieren. Zum Beispiel die Konzentration und die relative Luftfeuchtigkeit, aber auch Temperatur und Druck. Damit Sensoren das alles leisten können, braucht es ein Sensormaterial, das besonders empfindlich auf seine Umgebung reagiert und aufgenommene Information zuverlässig an die auswertende Hard- und Software weitergibt.
In ihrer Bachelorarbeit hat Hilbert untersucht, wie derartige Sensorik mit einer mit 2D-Material beschichteten Faser realisiert werden kann. Das 2D-Material auf dem freigelegten Faserkern hat direkten Kontakt gleichzeitig zu den geführten Moden und auch zur Umgebung. Die von Hilbert geleistete Untersuchung ist damit zum Beispiel in Bereichen wie der Emissionskontrolle, der Sicherheit oder etwa in der Atmosphärenbeobachtung, etwa bei Wetterballons, relevant.
Als beste Masterarbeit, dotiert mit 2.000 Euro, wurde „Kaleidomicroscope – A Kaleidoscopic Multiview Microscope“ von Felix Wechsler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena) ausgezeichnet. Die Mikroskopie ist ein wesentliches Instrument in der biomedizinischen Analyse. Speziell für lebendige biologische Proben wirft die Lichtmikroskopie mit einer hohen Bildrate jedoch immer noch einige Probleme auf. In seiner Masterarbeit hat Wechsler daher eine neue Art des „Light Field Microscope“ entwickelt: das Kaleidomikroskop. Dabei setzt Wechsler eine Spiegelbox vor ein Weitfeldmikroskop.
Wechsler präsentiert damit eine einfache und zugleich praktikable Methode, um mit klassischen Mikroskopen und zusätzlichen Spiegeln am Objektiv plus Bildverarbeitung 3D-Bilder mit hoher Auflösung zu erzeugen. Ein wesentlicher Vorteil dieser Methode ist, dass das Kaleidomikroskop an jedes Standard-Weitfeldmikroskop angebaut werden kann. Der von Wechsler beschriebene Ansatz kann daher besonders kosteneffizient in viele bereits bestehende Systeme eingebaut werden.
Als beste Dissertation wählte die Jury „Untersuchungen zu linearen optisch-drahtlosen Frontends und applikationsspezifischen Freiformlinsen für die optisch-drahtlose Kommunikation“ von René Kirrbach von der Technischen Universität Dresden aus. Er erhält eine Prämie von 3.000 Euro. Über die letzte Dekade hinweg hat sich mit LiFi eine performante Technologie aus dem Feld der optisch-drahtlosen Kommunikation (engl. „optical wireless communications“, OWC) entwickelt. Hier wird sichtbares und unsichtbares Licht zur Datenübertragung genutzt. Während dabei die Elektronik der Transceiver im Fokus zahlreicher Publikationen steht, ist das Potenzial moderner Freiformlinsen dagegen bisher nahezu ungenutzt.
An diesem Punkt knüpft die Dissertation von Kirrbach an. Er hat einen voll funktionstüchtigen Transceiver entwickelt, der das heutige Potenzial der modernen OWC abbildet. Anhand dieses Transceivers konnte er darlegen, wie die OWC von zusätzlichen Regelungen hinsichtlich Reichweite, Effizienz und Datenrate profitiert. Mit seiner Arbeit trägt Kirrbach damit zur Entwicklung von neuartigen, drahtlosen Kommunikationsnetzen bei, die notwendig sind, um auch in Zeiten eines exponentiell wachsenden Datenverkehrs weiterhin einen zuverlässigen Datentransfer zu gewährleisten.
Der Preis für wissenschaftliche Exzellenz, Graduate, dotiert mit 1.500 Euro, geht an Jan-Wilke Henke von der Georg-August-Universität Göttingen für seine Arbeit „Demonstration of the interaction between free electrons and fiber-integrated photonic resonators“. Die Elektronenmikroskopie umfasst eine Vielfalt experimenteller Techniken, die die Untersuchung komplexer Materialien, Nanostrukturen und biologischer Proben mittels Elektronen bei höchster räumlicher Auflösung ermöglichen. In der jüngeren Vergangenheit rückten die Erzeugung und Strukturierung maßgeschneiderter Elektronenstrahlen mittels optischer Felder immer mehr in den Fokus. Bisherige Ansätze, basierend auf inelastischer Elektron-Licht-Streuung, erfordern jedoch aufgrund der schwachen Wechselwirkung zwischen Licht und freien Elektronen den Einsatz intensiver gepulster Laser. Sie waren daher für die Modulation kontinuierlicher Elektronenstrahlen in herkömmlichen Geräten nicht geeignet.
Im Rahmen seiner Masterarbeit konnte Henke diese Einschränkungen durch die Einführung von chipbasierten photonischen Strukturen als Plattform für effiziente Elektron-Licht-Wechselwirkung in Transmissionselektronenmikroskopen überwinden. Durch seine Arbeit werden Anwendungsmöglichkeiten eröffnet, die von der grundlegenden Erforschung der Elektron-Licht-Wechselwirkung über die Charakterisierung photonischer Strukturen mittels Elektronen und die Umsetzung neuer Methoden der Elektronenstrahl-Spektroskopie bis zur Manipulation von Elektronenstrahlen in kommerziellen TEMs reichen. Die Arbeit von Henke bildet damit die Grundlage für die Kombination von integrierter Photonik und Elektronenmikroskopie, wodurch eine neue Klasse hybrider Quantentechnologie basierend auf Photonen und einzelnen freien Elektronen begründet werden kann.
Und der Preis der Jury für wissenschaftliche Exzellenz, Post-Graduate, ebenfalls mit 1.500 Euro dotiert, geht an Daniel Werdehausen von der Friedrich-Schiller-Universität Jena für seine Dissertation „Nanocomposites as Next-Generation Optical Materials: Fundamental Properties and Potential“. Werdehausen untersucht die fundamentalen Eigenschaften von optischen Nanomaterialien, insbesondere von Nanokompositen, und deren Verwendung zur Weiterentwicklung realer optischer Systeme. Seine Arbeit knüpft damit an eine zwanzigjährige, weltweit sehr intensive Forschungstätigkeit zu optischen Metamaterialien an. Diese intensive und lang andauernde Forschungstätigkeit hat jedoch bisher keinen Eingang in reale optische Systeme gefunden, obwohl aus Anwendungssicht ein hoher Bedarf an Innovationen zur Weiterentwicklung solcher Systeme besteht.
Genau an dieser Kluft zwischen ungenutzter jahrzehntelanger Forschung und dem Bedarf realer Applikationen setzt Werdehausen an. Er betrachtet Nanomaterialien als Metamaterialien und widmet sich zunächst einer grundlegenden Untersuchung, warum es bisher nicht richtig gelungen ist, durch diese klassische Optikmaterialien zu ersetzen. Darauf aufbauend zeigt er, dass Nanokomposite als neuartige Optikmaterialien mit Materialparametern, die bisher nicht möglich waren, dienen können und sich daraus ein großes Potential zur Verbesserung von optischen Systemen ergibt.
Fh.-IOF / RK
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