Arthur Schawlow: Inspirierte Kohärenz
Zum 100. Geburtstag des Mitbegründers der Lasertechnologie.
Als Arthur Schawlow und sein ehemaliger Mentor Charles Townes 1958 in Physical Review ihren Artikel „Infrared and Optical Masers“ publizierten, legten sie den Grundstein für die Lasertechnologie. Ihr Patent wurde ihnen jedoch wieder aberkannt, weil Gordon Gould, der heute oft als Erfinder des Lasers gilt, ihnen um wenige Monate mit einer unveröffentlichten Arbeit zuvorgekommen war. Doch während Gould vor allem wegen seiner langwierigen Streitigkeiten mit dem US-Patentamt in Erinnerung geblieben ist, sind Schawlow und Townes mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden.
Arthur Schawlow, geboren am 5. Mai 1921 in Mount Vermont, New York, war der Sohn eines deutschstämmigen Balten aus Riga und einer Kanadierin. Arthurs Vater hatte ursprünglich in Darmstadt Ingenieurwissenschaften studieren wollen, verpasste aber den Anfang des Semesters. So beschloss er, seinen Bruder in New York zu besuchen und kehrte nicht mehr nach Europa zurück.
Als Arthur Schawlow drei Jahre alt war, zog die Familie nach Toronto. In der Schule übersprang er mehrere Klassen, bis er zur Normal Model School wechselte, wo er entsprechend gefördert wurde. Allerdings war er als Kind motorisch ungeschickt, weshalb ihm die Mutter einen Mechanik-Baukasten schenkte. Das weckte schon in der Grundschule sein Interesse für Technik, ebenso wie die Zeitschrift des „Mecano“-Baukastens, die große Ingenieurleistungen für Jugendliche erklärte. In Schawlows Kindheit fielen auch die „Radio Days“. Ihn faszinierte nicht nur das Kinderprogramm, sondern auch der Apparat. In den Sommerferien verschlang er alles, was er in der Bücherei über Wissenschaft und Technik finden konnte.
Sein Wunsch, „Radio Engineering“ zu studieren, wurde durch die Wirtschaftsdepression der 1930er-Jahre während seiner High-School-Jahre vereitelt. Das Gehalt des Vaters, der als Versicherungsmakler arbeitete, reichte gerade, um Arthur und seiner Schwester das College zu bezahlen. Stipendien für die Ingenieurwissenschaften gab es zu dieser Zeit noch nicht, aber Arthur erhielt eines für Mathematik und Physik an der Universität Toronto. Das erwies sich als glücklicher Zufall, wie Schawlow bald erkannte: „Ich habe nicht die Geduld für die Details im Design, die man als Ingenieur braucht. Die Physik eröffnete mir die Chance, mich auf Konzepte und Methoden zu konzentrieren, und das bereitete mir viel Vergnügen.“
Als Kanada 1939 in den Zweiten Weltkrieg eintrat, war Schawlow 18 Jahre alt. Bis 1944 unterrichtete er neben dem Studium militärisches Personal an der Universität. 1941 machte er den Bachelor-Abschluss und 1942 den Master. In den beiden letzten Kriegsjahren arbeitete er an der Entwicklung von Mikrowellen-Antennen bei einer Firma für Radargeräte. 1945 kehrte er für seine Dissertation an die Universität Toronto zurück. Sie war zu dieser Zeit durch die Depression und den Krieg personell und von der Ausstattung her stark dezimiert, hatte aber eine langjährige Tradition in optischer Spektroskopie. So erforschte Schawlow bei Malcolm F. Crawford die Eigenschaften von Atomkernen mithilfe von Atomstrahlen. „Das war eine wertvolle Erfahrung, denn er [Crawford] stellte den Studenten gute Aufgaben und gab ihnen die Freiheit, aus ihren Fehlern zu lernen.“
Mit einem Stipendium von „Carbide and Carbon Chemicals“ ging Schawlow 1949 als Postdoc an die Columbia University in New York. Das dortige Physikalische Institut war unter der Leitung von Isidor Rabi eine Schmiede für zukünftige Nobelpreisträger. Einer von ihnen war Charles H. Townes, der wenige Jahre später (1953) das Prinzip des MASERs zur Stimulierten Emission von Mikrowellen entwickelte. Er erhielt den Nobelpreis 1964 für seine grundlegenden Arbeiten zur Konstruktion von Mikrowellenresonatoren und Verstärkern. Schawlow untersuchte in der Gruppe von Townes Atome und Moleküle mithilfe der Mikrowellen-Spektroskopie. Von dem sechs Jahre älteren Chef sagte er, dass er die Gabe hatte, das Beste aus seinen Mitarbeitern und Kollegen hervorzulocken: „Er hörte sich den verworrenen Beginn einer Idee an und förderte das Brauchbare daran, ohne die Diskussion zu dominieren. Das Beste war jedoch, dass er mich seiner jüngeren Schwester Aurelia vorstellte, die 1951 meine Frau wurde.“ Das Paar hatte drei Kinder.
Schawlow, der als Townes Schwager aufgrund des Nepotismus-Gesetzes nicht länger an der Columbia Universität bleiben konnte, nahm daraufhin eine Stelle bei den Bell Telephone Laboratories in New Jersey an. Dort forschte er zur Supraleitung. An den Wochenenden schrieb er mit Townes weiter an dem Buch „Microwave Spectroscopy“, das 1955 erschien. 1957 kam Schawlow der Gedanke, das Prinzip des Masers auf kleinere Wellenlängen auszudehnen, um einen „optischen Maser“, sprich Laser, zu realisieren. Auf der Suche nach geeigneten Materialien begann er, die optischen Eigenschaften von Festkörpern zu studieren. Es war auch seine Idee, einen Resonator mit zwei parallelen Spiegeln zu konstruieren, wie er sie in dem Fabry-Pérot-Interferometer für seine Doktorarbeit verwendet hatte.
Nach der Publikation von „Infrared and Optical Masers“ im Jahr 1958 explodierte das Feld der Laserforschung. Nachdem Schawlow 1961 einen Lehrstuhl für Physik an der Stanford University erhielt, konnte er sich hauptberuflich mit Laserspektroskopie beschäftigen. Er baute in den 30 Jahren bis zu seiner Emeritierung eine hervorragende Arbeitsgruppe auf, zu der 1970 auch der spätere Nobelpreisträger Theodor Hänsch stieß. Der damalige Postdoktorand beschreibt die Arbeit mit Schawlow als äußerst anregend: „Mit den ersten monochromatischen und abstimmbaren Farbstofflasern sondierten wir leistungsfähige neue Techniken für die Laserspektroskopie […] und wir wandten sie auf den Wasserstoff an, was eine einzigartige Gegenüberstellung von Theorie und Experiment ermöglichte.“ Aufgrund dieser Arbeiten erhielt Schawlow 1981 zusammen mit dem Niederländer Nicolaas Bloembergen den Nobelpreis für Physik.
Hänsch beeindruckten an Schawlow das breit gestreute Wissen und die brillante Intuition. Er habe früh die Relevanz neuer Entdeckungen erkannt und die seltene Gabe besessen, verwirrende Aufgaben zu lösen. „Mit seinem leidenschaftlichen Interesse für clevere Erfindungen und die Grundlagenphysik und mit seiner ansteckenden Begeisterung hatte er die besondere Gabe, andere zu Höchstleistungen anzuspornen“, erinnert sich Hänsch. „Art gab seinen Studenten den entscheidenden Hinweis, […] dass man nicht alles, was über ein Thema bekannt ist, gelesen haben muss, um etwas Neues zu entdecken.“
Die öffentlichen Vorträge von Schawlow, in denen er mit Begeisterung Experimente vorführte, waren äußerst beliebt und trugen viel zur Popularisierung der Laserphysik bei. Seine Menschenfreundlichkeit zeigt sich in seiner Autobiographie für das Nobelkomitee, in der er nicht nur die Kooperation mit Hänsch als „continually delightful and stimulating“ hervorhob. Namentlich erwähnte er auch zwei Techniker und die Sekretärin, die das Chaos in seinem Büro halbwegs in Schach hielt. Er war ein großer Fan von amerikanischem Jazz, dessen Klänge ihn während der Arbeit inspirierten.
Arthur Schawlow emeritierte 1991, in dem Jahr, als seine Frau bei einem Autounfall ums Leben kam. Er starb kurz vor seinem 78. Geburtstag an Leukämie. Schawlow war bekennender protestantischer Christ: „I find a need for God in the universe and in my own life.“
Anne Hardy
Weitere Infos
- Nobel-Preis für Physik 1981: Arthur Schawlow
- Th. Hänsch, Nachruf auf Arthur Schawlow, Physics Today, Dezember 1991, S. 75
- Oral History Interviews – Arthur Schawlow: 19. Januar 1984 und August bis November 1996 PDF
- Larson Collection interview mit Arthur L. Schawlow (YouTube)
- A. L. Schawlow und C. H. Townes, Infrared and Optical Masers. Phys. Rev. 112, 1940 (1958) PDF
Weitere Beiträge
- A. Pawlak, Das Licht der Erkenntnis – Zum Tod von Charles Townes (Physik Journal Nachrichten, 30. Januar 2015)
- S. Jorda, „Ich versuche, mit intuitiven Bildern zu arbeiten“ - Interview mit Theodor W. Hänsch, Physik Journal, August/September 2010, S. 49 PDF
- Schwerpunkt „50 Jahre Laser“, Physik Journal, Juli 2010
- C. Nordling und H.-U. Daniel, Laserlicht und Elektronen. Nobelpreis 1981, Physiker Blätter 38, 70 (1982) PDF
AP