01.09.2011

Auf die Richtung kommt es an!

Elektronen in Halbleitern lassen sich entlang ihrer Bewegungsrichtung nicht so leicht beschleunigen wie quer dazu.

In der Halbleiterphysik gelten ab sofort neue Verkehrsregeln. Das postulieren Marburger Forscher, die mit einer neuen Theorie das anisotrope Verhalten von Elektronen in Festkörpern erklären können. Physiker in Kanada hatten zuvor Experimente durchgeführt, um die Richtungsabhängigkeit der effektiven Masse von Elektronen fur verschiedene Geschwindigkeiten direkt zu beobachten.

Abb.: Die Krummung der gelben Fläche im E-k-Diagramm ist ein Maß fur die effektive Masse in der jeweiligen Richtung. Im Experiment beschleunigt ein Terahertz-Puls die Elektronen (roter Punkt), bevor der Abfragepuls die effektive Masse misst – entweder parallel zur Bewegungsrichtung (entlang der roten Linie) oder senkrecht dazu (entlang der blauen). Die unterschiedliche Krummung der beiden Linien spiegelt die Anisotropie der Massen wider. (Bild: U. Marburg)

Herzstuck des Versuchs waren zwei aufeinanderfolgende Terahertzpulse, deren Polarisationen relativ zueinander gedreht werden konnten. Ein Pumppuls beschleunigte die Elektronen im Halbleiter auf eine bestimmte Geschwindigkeit. Der zweite, schwächere Abfragepuls konnte nun die Masse der zuvor beschleunigten Elektronen messen. Aufgrund der Massenträgheit reagierten leichte Elektronen stärker als schwere auf das THz-Feld. Aus dem Feld des durch den Halbleiter gelaufenen Abfragepulses, ließen sich Ruckschlusse auf die Masse der Elektronen ziehen. Durch die gegeneinander verkippte Polarisation von Pump- und Abfragepuls, bestimmten die Physiker die Richtungsabhängigkeit der Elektronengeschwindigkeit. Die kanadischen Wissenschaftler machten die Beobachtung, dass die Masse der Elektronen in Bewegungsrichtung größer war als senkrecht dazu. Es war also leichter, die Elektronen seitlich abzulenken als sie noch weiter in Bewegungsrichtung zu beschleunigen oder abzubremsen.

Die Theorie aus Marburg zur Erklärung des Phänomens zeigt, dass die Messergebnisse sich auf eine bisher noch nicht beobachtete Art der Anisotropie zuruckfuhren lassen, die nur dann auftritt, wenn die Elektronen zuvor beschleunigt wurden. Wie die Forscher weiter zeigen konnten, ist dieser Effekt die Folge einer allgemeinen geometrischen Eigenschaft des Elektronensystems; es tritt somit in nahezu allen Halbleitern auf, selbst in vollkommen isotropen, also symmetrischen Materialien.

U. Marburg / PH

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